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[Da s B uch f ür !:
H. eft x20
Der Segen des Gartenſports / Von Paul Hoche
Dsrz letzte und vornehmſte Erziehungsziel, nämlich den harmoniſchen
Menſchen heranzubilden, hat die Pädagogik wohl längst erkannt, aber
wie wenig kommt man in der Wirklichkeit dieser Kardinalforderung nach.
In der Praxis hat man faſt zu allen Zeiten ausgeprägte Bildungseinſ.eitig-
keiten feſtſtellen müssen. So wurde bis in unsere Tage hinein vor allem dem
Kultus des Geiſtes gedient, während die Seele verkümmerte und dem
Leibe nicht ſein Recht ward. So vielerlei trug dazu bei, unſeren Körper zu
zermürben, die Menſchen dadurch vor der Zeit alt und ſchwach zu machen.
Seit wir ein Induſtrievolk geworden sind, müssen so viele ihre Tage im
Lärm und Staub der Fabriken, in Stuben und Speichern verbringen.
Millionen atmen im Steinmeer der Großſtädte, im dunſtigen Brodem des
Häuſermeers. Die Ziviliſation war nicht immer unſer Freund, und die
Falſchkultur unserer Zeit in Nahrung, Kleidung, Wohnung und in den
Vergnügungen frißt an unserer Kraft. Kommt noch hinzu, daß der ohnehin
ſchon brutale Kampf ums Dasein ich unter den Nachwirkungen des Krieges
wesentlich verſchärft hat. Das alles zuſammen zehrt an unſerem Mark, ver-
braucht unsere Energien.
Wir haben uns zu sehr von der Natur entfernt, von ihr verirrt wie ein
Kind von seiner Mutter. Aus ihr aber quellen unsere ſtärkſten Lebenskräfte.
Daher der faſt unausrottbare Trieb nach draußen, die Sehnſucht nach
Licht, Luft, Bewegung, die Fontane einmal die eigentlichen Geheimen
Sanitätsräte des Menschen genannt hat, der Drang nach weiten Fluren,
Feldern, Wäldern, Wiesen, nach Berg und Wasser. Daher in irgend einem
Kämmierlein unseres Herzens das Eingeständnis unſerer unzulänglichen
Körperlichkeit, des Wunſches nach Erfüllung, Geſundung, Befreiung, nach
Vollendung des ganzen Menſchen. ß
Nur so iſt es zu erklären, wenn heute der Sport eine ganz ungeahnte
Verbreitung gewonnen hat. Er iſt die gefeſſelte Prometheusſehnſucht der
verkümmerten Menſchlichkeit, die nach Erlöſung ruft. Der Sport wird
daher nicht vorübergehende Mode ſein, sondern so lange elementares
Lebensbedürfnis, wie der Mensch unter unglücklichen Daſeinsformen ver-
kümmern, dahinſiechen muß.
Unter diesem Gesichtspunkt muß auch die Gartenarbeit angeſehen wer-
den. Auch sie iſt Sport, Sport im beſten Sinne des Wortes. Stellt ſie uns
nicht hinein in die am meisten lebenerneuernde Umgebung, hinein in Licht
und Luft? Im Garten trinkt die Lunge den erfriſchenden Äther, atmet Jie
den Ozon der Pflanzen, da badet ſich der Leib wohlig in den geſunden
Strahlen des Sonnenlichtes. Da sorgt die vielſeitigſte Bewegung für die
Durcharbeitung des ganzen Körpers, ſo daß ein jedes Glied aus ſeiner
faulen Ruhe geriſsen wird. Jede Sportart iſt in gewiſſem Sinne einseitig,
wendet sich an beſtimmte Organe und Glieder im Menſchen. Die Garten-
arbeit aber iſt unendlich vielſeitig und abwechſlungsreich. Laufen, Tragen,
Graben, Knien, Liegen, Bücken, Stehen, und wer weiß was noch, löſen in
bunter Mannigfaltigkeit einander ab. Es gibt außer dem Hausfrauenberuf
kaum eine andere Beschäftigung, die den ganzen Körper Jo vielseitig in
Anspruch nimmt wie Gartenarbeit. Wer viel im Garten iſt, verſpürt auch
bald eine freudige Geſundheit, eine erhöhte Leiſtungsfähigkeit. Abhärtung
ſchütt vor tausend kleinen Leiden; Schnupfen, Kopfsſchmerzen, Heiſerkeit
und andere Quiälgeiſter des verzärtelten Stubenmenſchen ſind ſeltene
Gäſte geworden. Das Auge gewöhnt ſich wieder an die Weite, und jedes
Jahr kann man beobachten, wie im Laufe des Sommers die Kurzsichtigkeit
abnimmt.
Aber profitiert nicht guch die Seele vom Garten? In der Tat kaum
minder als der Leib. Hier, auf umfriedeter eigener Scholle keimt wie in
der eigenen Wohnung das Heimgefühl mächtig auf. Der Beruf, das Leben
“ici dd
Sei du deines Willens Herr,
So biſt du immer gut beraten;
Dann fällt ein Werk dir nimmer schwer,
Denn Wille ſchafft der INenſchen Taten.
Herr u p d Sklave
Oer unuterwürfig iſt befliſſen.
CAD CAI CAI CAI CAI CI CI CAI CK CA CAD CAI CA CA CA CAD CAD CAD CA CA CA CAD CA CAD CAD CAD CAD CHD:
führten uns mit Menſchen aller Art zuſammen. Da ging's beim beſten
Willen nicht immer ohne ſchmerzhafte Reibungen ab, da rieb sich nicht
ſelten die Seele an unseren Mitmenschen wund, da waren wir in gegebene
Verhältniſse, in ein eiſernes Muß hineingeſtellt. Wie anders im Garten.
Da ſtehen wir da als Herren, als Eigene, da findet das brauſende Leben
ringsumher ſeine Schranke, da ſind wir mit uns allein, da fällt ab, was
uns draußen quälte, die Nerven beruhigen Jich, wir lernen alles abge-
klärter, ſachlicher anſehen. So wird der Garten uns zum unverſiegbaren
Kräfteborn, aus dem uns Wasser des Lebens quillt. Ein unendlicher Vor-
zug iſt es, daß uns der Garten in noch höherem Mage als der Sport mit
der Natur in Berührung bringt. Die Ziviliſation hat den modernen Men-
ſchen von ihr losgeriſſen, der Garten führt den Verirrten wieder in ihre
Arme zurück; ſie macht ihn wieder froh und ſtark, ähnlich wie der Riese
Antäos aus jeder Berührung mitseiner Mutter Erde wieder neue Kräfte oog.
Der Sport wurzelt inJſeinem tiefsten Wesen in der Betätigung des Spiel-
triebes, des Bedürfniſses, ſeine geſamten Kräfte in freier, beglückender
Weise auszulöſen. Die Berufsarbeit mag noch ſo beglückend sein, ſie wird
doch zum Zwange, stimmt den Lebensmut oft herab und wird gar zur
ſchrecklichen Tretmühle und Fron, wenn Neigung und Begabung zur täg-
lichen Arbeit fehlen. Aus dieser Kette der Not, aus der oft ſo mechaniſierten
Arbeit heraus lockt der Sport, lockt in gleichem Maße auch der Garten.
Da tritt der Menſch in eine zweite, in eine ſchönere Welt ein. Da ſchafft
er durchaus nicht weniger als im Beruf, da ſpannen Jich vielmehr oft ſeine
Kräfte zu wahren Herkulestaten, aber eins unterscheidet dieses Tun von
den Mühen des Berufs: die eigene Entſchlußherrlichkeit, die Luſt zum
Gestalten, die Hingabe und Freudigkeit, mit der geſchafft wird. Hier lebt
der ganze Mensch auf, und das Schillerſche Wort bewahrheitet ich: „Der
Menſch iſt nur da ganz Mensch, wo er ſpielt."
Der Sport steht in besonders inniger Beziehung zur Jugend. Damit
iſt nicht gesagt, daß er zum Alter nicht paßte. Aber das hat doch nicht die
Elastizität, nicht die Kraft der Jugend, nicht ihr Vorwärtsſtürmen, ihren
Geselligkeitstrieb, die Luſt zu Rekorden. Der Gartenſport jedoch kommt dem
Alter recht entgegen. Hier kann ich der einzelne von der Welt abſchließen,
hier kann er in Ruhe und Beschaulichkeit ſchaffen, wie es ihm beliebt,
kann individuell ſchöpferiſch ſchaffen und dabei doch in ſeinem freien Spiel-
trieb produktive Arbeit leiſten, worauf das Alter größeren Wert legt als
die unbesorgte Jugend.
Heute werden die Gärten ſchon nicht mehro geachtet wie in den bitteren
Kriegs- und Inflationsjahren, wo jedes Blatt ein kleines Kapital darstellte.
Heute lohnt, ſo wird behauptet, der Garten nicht mehr die Koſten. Ach, wie
kurzſichtig, wenn man so denkt! Gewiß schenkt auch der Garten nichts, und
es liegt ein Segen darin; aber birgt er nicht eine Jülle ideeller Werte, die
keine noch so volle Börse aufwiegen kann? Schmeckt nicht alles viel besser,
was taufriſch aus dem eigenen Garten geholt wurde? Bleibt nicht wahr,
was Rückert dichtete: „Den Kohl, den du dir ſelber gebaut, den mußt du
nicht nach dem Marktpreis ſchätzen; du haſt ihn mit deinem Schweiße be-
taut, die Würze läßt sich durch nichts ersetzen."
Darumrechtviele Gärten, und eien es auch nur Laubengärten, angelegt!
Sie ſind Brunnen der Gesundheit, Kraft, Lebensfreude. Ich möchte Jie
die Sanatorien der Menschen nennen. Und es iſt ein gutes Zeichen für die
Menſchennatur, wenn sich um das deutſche Haus ein freundlicher Garten
zieht, wenn Jich vor allem ein bunter Kranz von Laubengärten um die
Weltstadt, um die großen Städte des Reiches ſchlingt. Darin klingt der Schrei
der Sehnſucht des verirrten, vom Quell ſeiner Kraft abgelenkten Menſchen
nach seiner Allmutter, nach der geſund machenden und beglückenden Natur.
Doch Sllave sei du dem Gewissen;
Ihm folge + dien’ ihm wie ein Knecht,
Dann wirſt du tun, was gut und recht.
ste Theissen
-
[Da s B uch f ür !:
H. eft x20
Der Segen des Gartenſports / Von Paul Hoche
Dsrz letzte und vornehmſte Erziehungsziel, nämlich den harmoniſchen
Menſchen heranzubilden, hat die Pädagogik wohl längst erkannt, aber
wie wenig kommt man in der Wirklichkeit dieser Kardinalforderung nach.
In der Praxis hat man faſt zu allen Zeiten ausgeprägte Bildungseinſ.eitig-
keiten feſtſtellen müssen. So wurde bis in unsere Tage hinein vor allem dem
Kultus des Geiſtes gedient, während die Seele verkümmerte und dem
Leibe nicht ſein Recht ward. So vielerlei trug dazu bei, unſeren Körper zu
zermürben, die Menſchen dadurch vor der Zeit alt und ſchwach zu machen.
Seit wir ein Induſtrievolk geworden sind, müssen so viele ihre Tage im
Lärm und Staub der Fabriken, in Stuben und Speichern verbringen.
Millionen atmen im Steinmeer der Großſtädte, im dunſtigen Brodem des
Häuſermeers. Die Ziviliſation war nicht immer unſer Freund, und die
Falſchkultur unserer Zeit in Nahrung, Kleidung, Wohnung und in den
Vergnügungen frißt an unserer Kraft. Kommt noch hinzu, daß der ohnehin
ſchon brutale Kampf ums Dasein ich unter den Nachwirkungen des Krieges
wesentlich verſchärft hat. Das alles zuſammen zehrt an unſerem Mark, ver-
braucht unsere Energien.
Wir haben uns zu sehr von der Natur entfernt, von ihr verirrt wie ein
Kind von seiner Mutter. Aus ihr aber quellen unsere ſtärkſten Lebenskräfte.
Daher der faſt unausrottbare Trieb nach draußen, die Sehnſucht nach
Licht, Luft, Bewegung, die Fontane einmal die eigentlichen Geheimen
Sanitätsräte des Menschen genannt hat, der Drang nach weiten Fluren,
Feldern, Wäldern, Wiesen, nach Berg und Wasser. Daher in irgend einem
Kämmierlein unseres Herzens das Eingeständnis unſerer unzulänglichen
Körperlichkeit, des Wunſches nach Erfüllung, Geſundung, Befreiung, nach
Vollendung des ganzen Menſchen. ß
Nur so iſt es zu erklären, wenn heute der Sport eine ganz ungeahnte
Verbreitung gewonnen hat. Er iſt die gefeſſelte Prometheusſehnſucht der
verkümmerten Menſchlichkeit, die nach Erlöſung ruft. Der Sport wird
daher nicht vorübergehende Mode ſein, sondern so lange elementares
Lebensbedürfnis, wie der Mensch unter unglücklichen Daſeinsformen ver-
kümmern, dahinſiechen muß.
Unter diesem Gesichtspunkt muß auch die Gartenarbeit angeſehen wer-
den. Auch sie iſt Sport, Sport im beſten Sinne des Wortes. Stellt ſie uns
nicht hinein in die am meisten lebenerneuernde Umgebung, hinein in Licht
und Luft? Im Garten trinkt die Lunge den erfriſchenden Äther, atmet Jie
den Ozon der Pflanzen, da badet ſich der Leib wohlig in den geſunden
Strahlen des Sonnenlichtes. Da sorgt die vielſeitigſte Bewegung für die
Durcharbeitung des ganzen Körpers, ſo daß ein jedes Glied aus ſeiner
faulen Ruhe geriſsen wird. Jede Sportart iſt in gewiſſem Sinne einseitig,
wendet sich an beſtimmte Organe und Glieder im Menſchen. Die Garten-
arbeit aber iſt unendlich vielſeitig und abwechſlungsreich. Laufen, Tragen,
Graben, Knien, Liegen, Bücken, Stehen, und wer weiß was noch, löſen in
bunter Mannigfaltigkeit einander ab. Es gibt außer dem Hausfrauenberuf
kaum eine andere Beschäftigung, die den ganzen Körper Jo vielseitig in
Anspruch nimmt wie Gartenarbeit. Wer viel im Garten iſt, verſpürt auch
bald eine freudige Geſundheit, eine erhöhte Leiſtungsfähigkeit. Abhärtung
ſchütt vor tausend kleinen Leiden; Schnupfen, Kopfsſchmerzen, Heiſerkeit
und andere Quiälgeiſter des verzärtelten Stubenmenſchen ſind ſeltene
Gäſte geworden. Das Auge gewöhnt ſich wieder an die Weite, und jedes
Jahr kann man beobachten, wie im Laufe des Sommers die Kurzsichtigkeit
abnimmt.
Aber profitiert nicht guch die Seele vom Garten? In der Tat kaum
minder als der Leib. Hier, auf umfriedeter eigener Scholle keimt wie in
der eigenen Wohnung das Heimgefühl mächtig auf. Der Beruf, das Leben
“ici dd
Sei du deines Willens Herr,
So biſt du immer gut beraten;
Dann fällt ein Werk dir nimmer schwer,
Denn Wille ſchafft der INenſchen Taten.
Herr u p d Sklave
Oer unuterwürfig iſt befliſſen.
CAD CAI CAI CAI CAI CI CI CAI CK CA CAD CAI CA CA CA CAD CAD CAD CA CA CA CAD CA CAD CAD CAD CAD CHD:
führten uns mit Menſchen aller Art zuſammen. Da ging's beim beſten
Willen nicht immer ohne ſchmerzhafte Reibungen ab, da rieb sich nicht
ſelten die Seele an unseren Mitmenschen wund, da waren wir in gegebene
Verhältniſse, in ein eiſernes Muß hineingeſtellt. Wie anders im Garten.
Da ſtehen wir da als Herren, als Eigene, da findet das brauſende Leben
ringsumher ſeine Schranke, da ſind wir mit uns allein, da fällt ab, was
uns draußen quälte, die Nerven beruhigen Jich, wir lernen alles abge-
klärter, ſachlicher anſehen. So wird der Garten uns zum unverſiegbaren
Kräfteborn, aus dem uns Wasser des Lebens quillt. Ein unendlicher Vor-
zug iſt es, daß uns der Garten in noch höherem Mage als der Sport mit
der Natur in Berührung bringt. Die Ziviliſation hat den modernen Men-
ſchen von ihr losgeriſſen, der Garten führt den Verirrten wieder in ihre
Arme zurück; ſie macht ihn wieder froh und ſtark, ähnlich wie der Riese
Antäos aus jeder Berührung mitseiner Mutter Erde wieder neue Kräfte oog.
Der Sport wurzelt inJſeinem tiefsten Wesen in der Betätigung des Spiel-
triebes, des Bedürfniſses, ſeine geſamten Kräfte in freier, beglückender
Weise auszulöſen. Die Berufsarbeit mag noch ſo beglückend sein, ſie wird
doch zum Zwange, stimmt den Lebensmut oft herab und wird gar zur
ſchrecklichen Tretmühle und Fron, wenn Neigung und Begabung zur täg-
lichen Arbeit fehlen. Aus dieser Kette der Not, aus der oft ſo mechaniſierten
Arbeit heraus lockt der Sport, lockt in gleichem Maße auch der Garten.
Da tritt der Menſch in eine zweite, in eine ſchönere Welt ein. Da ſchafft
er durchaus nicht weniger als im Beruf, da ſpannen Jich vielmehr oft ſeine
Kräfte zu wahren Herkulestaten, aber eins unterscheidet dieses Tun von
den Mühen des Berufs: die eigene Entſchlußherrlichkeit, die Luſt zum
Gestalten, die Hingabe und Freudigkeit, mit der geſchafft wird. Hier lebt
der ganze Mensch auf, und das Schillerſche Wort bewahrheitet ich: „Der
Menſch iſt nur da ganz Mensch, wo er ſpielt."
Der Sport steht in besonders inniger Beziehung zur Jugend. Damit
iſt nicht gesagt, daß er zum Alter nicht paßte. Aber das hat doch nicht die
Elastizität, nicht die Kraft der Jugend, nicht ihr Vorwärtsſtürmen, ihren
Geselligkeitstrieb, die Luſt zu Rekorden. Der Gartenſport jedoch kommt dem
Alter recht entgegen. Hier kann ich der einzelne von der Welt abſchließen,
hier kann er in Ruhe und Beschaulichkeit ſchaffen, wie es ihm beliebt,
kann individuell ſchöpferiſch ſchaffen und dabei doch in ſeinem freien Spiel-
trieb produktive Arbeit leiſten, worauf das Alter größeren Wert legt als
die unbesorgte Jugend.
Heute werden die Gärten ſchon nicht mehro geachtet wie in den bitteren
Kriegs- und Inflationsjahren, wo jedes Blatt ein kleines Kapital darstellte.
Heute lohnt, ſo wird behauptet, der Garten nicht mehr die Koſten. Ach, wie
kurzſichtig, wenn man so denkt! Gewiß schenkt auch der Garten nichts, und
es liegt ein Segen darin; aber birgt er nicht eine Jülle ideeller Werte, die
keine noch so volle Börse aufwiegen kann? Schmeckt nicht alles viel besser,
was taufriſch aus dem eigenen Garten geholt wurde? Bleibt nicht wahr,
was Rückert dichtete: „Den Kohl, den du dir ſelber gebaut, den mußt du
nicht nach dem Marktpreis ſchätzen; du haſt ihn mit deinem Schweiße be-
taut, die Würze läßt sich durch nichts ersetzen."
Darumrechtviele Gärten, und eien es auch nur Laubengärten, angelegt!
Sie ſind Brunnen der Gesundheit, Kraft, Lebensfreude. Ich möchte Jie
die Sanatorien der Menschen nennen. Und es iſt ein gutes Zeichen für die
Menſchennatur, wenn sich um das deutſche Haus ein freundlicher Garten
zieht, wenn Jich vor allem ein bunter Kranz von Laubengärten um die
Weltstadt, um die großen Städte des Reiches ſchlingt. Darin klingt der Schrei
der Sehnſucht des verirrten, vom Quell ſeiner Kraft abgelenkten Menſchen
nach seiner Allmutter, nach der geſund machenden und beglückenden Natur.
Doch Sllave sei du dem Gewissen;
Ihm folge + dien’ ihm wie ein Knecht,
Dann wirſt du tun, was gut und recht.
ste Theissen
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