He ft 23
Da s Buch. f ü r Y ll.
Im Faltboot durch die Adria / Don Alfred Seeger
„Faltbootfahrten in Nord und Süd“ iſt der Titel eines reizvollen Buches von Alfred Seeger, das im Verlag der Union Deutsche Verlags-
geſellſchaft in Stuttgart erschienen iſt. Faltbootwandern! An unseren Augen ziehen Bilder von weiten, odysſeiſchen Fahrten vorüber, die den
Verfasser vom Mälarſee bis zum Afrikaniſchen Meere führten. Abenteuerliche Wildwaſserfahrten auf reißenden Gletſcherflüſſen erleben wir mit,
wir stehen in halbzerfallenen Baſiliken alter, verſunkener Lagunenſtädte oder erklettern südliche Vulkaninselberge und fühlen den unausſprech-
lichen Zauber einsamer Biwaknächte auf weltvergeſſenen Plätzen. Ein Kritiker, Hein Gehrels, ſchreibt hierüber: „Eine verträumte Feier-
stunde gab mir dieses Buch, das angefüllt iſt mit dem Erleben von ungezählten Faltbootwanderſtunden zweier Menschen, die dieses
Goltesgeschenk in reinen Händen tragen als köſtlichftes Gut ihrer Seele. Ste haben Nordland und Südland als Seefahrer auf winzigem
Boot durchfahren und Köſtliches heimgebracht, zum Schenken und Mitfreuen für andere Menſchen. Dazu die prächtigen Aquarelle der
Faltbootfrau, Anna Seeger, jedes ein Kabinettftück, und die feinen Zeichnungen, die das Buch ſchmücken, sie machen das Ganze zu einem
Erlebnis nicht nur für Kenner, sondern für jeden, der die Natur mit ihren stillen Schönheiten liebt und verſteht." Nachstehend eine von
„Durch den Okeanos glitt, von der Strömung getragen,
; das Fahrzeug,
; Erst bei ruhiger Luft, nachher mit günſtigem Winde !“
B! einer Probefahrt auf dem Meere hatte ſich unſereneue „Ayesha ju
auch bei hohem Seegang vorzüglich bewährt, und wir konnten's daher
wagen, an unſere große Dalmatien-
fahrt zu gehen. Mit viel Umſicht.
wurden alle Vorbereitungen getrof-
fen, und zum lettenmalſchlend erten
wir durch die kleine dalmatiſche
Inſelſtadt Arbe, die wir als Aus-
gangspuntkt gewählt. Langſam und
mit leiſer Wehmut ſteigen wir die
krummen Gassen aufwärts. War
uns doch Arbe so lieb geworden
wie selten ein Stück Erde, das auf
weiten Reiſen unſer Juß betrat.
Früh mit dem erſten Morgenlicht
tragen wir zwei Seefahrer unſer
Boot zu der kleinen Hafentreppe.
Wenig Rudersſchläge, und bald wei-
tet ſich vor uns das schimmernde,
opalglänzende Meer im ruhigen
Sonntagsfrieden. Am fernen Hori-
zont liegen im blaßblauen Dunſt die
bergigen Inseln des Quarnero. Vor
ihnen ſchwimmen einige Zweima-
ſter, deren Segelſchwingen wie Fa-
nale aus Orange und Purpur die
aufgehende Sonne zurückſtrahlen.
Ein unendlich reizvolles Licht- und
Wellenſpielflimmert über den Was-
sern. Da begannen auch noch die
Kirchenglocken von Arbe herüber-
zuklingen + Sonntag auf dem
Meere, Sonntag in uns!
Friedvollen Herzens fahren wir
langſam dahin und steuern zunächſt
auf ein felſiges Eiland zu. Im klei-
nen Hafen liegt ein Boot. Wie wir
hart an derInselvorbeifahren, ſteigt
ebender Leuchtfeuerwächter die Lei-
terhinauf, umdie Laternezurichten.
Wir begrüßen ihn mit einem herz-
lichen „Dober dan!“. Wie Hagel-
ſchauer an einem Maientag praſsselt
aber ein fürchterliches Schimpfen
auf uns nieder. Glücklicherweiſe ver-
23. 1926
Bildern begleitete Koſtorobe aus diesem reizvollen Buch
Vor Arbe an der Küſite Dalmatiens
ſtehen wir von seinem ſerbotroatiſchen Verwünſchungsschwall recht wenig.
Wodurch wir uns sſeinen Grimm zugezogen, iſt uns heute noch ein Rätsel.
Unsere ſelige Sonntagmorgensſtimmung war jäh geſtört. Seefahrer ſind
abergläubiſch, und gleich am Anfang einen Verwünſchungshagel als Frei-
fracht mitzubekommen, drückte uns einigermaßen. Tatsächlich hätte auch
unsere Dalmatienfahrt beinahe ein
furchtbares Ende genommen. Noch
heute denken wir mit Grauen zu-
rück, wie uns wenige Wochen ſpäter
beim Umchiffen eines ſteilen, hohen
Felskaps in Süddalmatien beim
Sturm der Steuerzug gebrochen
und wir und unser gutes Schiff mit
vielen Beulen und triefenden Lö-
chern mehr unfreiwillig als freiwil-
lig von der Brandungin eine felsige
Bucht geworfen worden waren . . .
Davon wußten wir aber heute noch
nichts. Bald drang unsere alte fröh-
liche Stimmung wieder durch, und
mit halblautem Singen, den Takt
der Ruder begleitend, trieben wir
unser wackeres Boot entlang dem
von niederen Seeſtrandkiefern be-
wachſenen Felsſenufer.
Unermüdlich rudern wir weiter.
Oft sprangen glänzende Delphine
aus den Fluten, ſchoſſen wie mäch-
tige, ſilberne Pfeile durch die Luft,
: : um am Ende ihrer tropfenſprühen-
den Bahn wieder in den Wassern
zuverſchwinden. Die glühende Nach-
; ; mittagsonne lähmte unsere Paddel-
begeiſterung, und in die Criſtoforo-
bucht einbiegend, ſuchten wir uns
einen Rastplatz.
Mit leiſem Paddelſchlag fahren
wir hinein in die tiefeingeſchnittene
Bucht. Wir folgen ihrem südlichen
Ausläufer, der wie ein ſtiller See in
urwaldartigen, ſubtropiſchen Wäl-
dern endet. Zwiſchen hohen Erika-
bäumen finden wir einen lauſchigen
Platz, auf dem wir uns zur Ruhe
niederlaſſen, nachdem wir die erſte
Tagesportion unsſerer Verpflegung
in Angriff genommen.
Um das in Dalmatien Jo koſtbare
Da s Buch. f ü r Y ll.
Im Faltboot durch die Adria / Don Alfred Seeger
„Faltbootfahrten in Nord und Süd“ iſt der Titel eines reizvollen Buches von Alfred Seeger, das im Verlag der Union Deutsche Verlags-
geſellſchaft in Stuttgart erschienen iſt. Faltbootwandern! An unseren Augen ziehen Bilder von weiten, odysſeiſchen Fahrten vorüber, die den
Verfasser vom Mälarſee bis zum Afrikaniſchen Meere führten. Abenteuerliche Wildwaſserfahrten auf reißenden Gletſcherflüſſen erleben wir mit,
wir stehen in halbzerfallenen Baſiliken alter, verſunkener Lagunenſtädte oder erklettern südliche Vulkaninselberge und fühlen den unausſprech-
lichen Zauber einsamer Biwaknächte auf weltvergeſſenen Plätzen. Ein Kritiker, Hein Gehrels, ſchreibt hierüber: „Eine verträumte Feier-
stunde gab mir dieses Buch, das angefüllt iſt mit dem Erleben von ungezählten Faltbootwanderſtunden zweier Menschen, die dieses
Goltesgeschenk in reinen Händen tragen als köſtlichftes Gut ihrer Seele. Ste haben Nordland und Südland als Seefahrer auf winzigem
Boot durchfahren und Köſtliches heimgebracht, zum Schenken und Mitfreuen für andere Menſchen. Dazu die prächtigen Aquarelle der
Faltbootfrau, Anna Seeger, jedes ein Kabinettftück, und die feinen Zeichnungen, die das Buch ſchmücken, sie machen das Ganze zu einem
Erlebnis nicht nur für Kenner, sondern für jeden, der die Natur mit ihren stillen Schönheiten liebt und verſteht." Nachstehend eine von
„Durch den Okeanos glitt, von der Strömung getragen,
; das Fahrzeug,
; Erst bei ruhiger Luft, nachher mit günſtigem Winde !“
B! einer Probefahrt auf dem Meere hatte ſich unſereneue „Ayesha ju
auch bei hohem Seegang vorzüglich bewährt, und wir konnten's daher
wagen, an unſere große Dalmatien-
fahrt zu gehen. Mit viel Umſicht.
wurden alle Vorbereitungen getrof-
fen, und zum lettenmalſchlend erten
wir durch die kleine dalmatiſche
Inſelſtadt Arbe, die wir als Aus-
gangspuntkt gewählt. Langſam und
mit leiſer Wehmut ſteigen wir die
krummen Gassen aufwärts. War
uns doch Arbe so lieb geworden
wie selten ein Stück Erde, das auf
weiten Reiſen unſer Juß betrat.
Früh mit dem erſten Morgenlicht
tragen wir zwei Seefahrer unſer
Boot zu der kleinen Hafentreppe.
Wenig Rudersſchläge, und bald wei-
tet ſich vor uns das schimmernde,
opalglänzende Meer im ruhigen
Sonntagsfrieden. Am fernen Hori-
zont liegen im blaßblauen Dunſt die
bergigen Inseln des Quarnero. Vor
ihnen ſchwimmen einige Zweima-
ſter, deren Segelſchwingen wie Fa-
nale aus Orange und Purpur die
aufgehende Sonne zurückſtrahlen.
Ein unendlich reizvolles Licht- und
Wellenſpielflimmert über den Was-
sern. Da begannen auch noch die
Kirchenglocken von Arbe herüber-
zuklingen + Sonntag auf dem
Meere, Sonntag in uns!
Friedvollen Herzens fahren wir
langſam dahin und steuern zunächſt
auf ein felſiges Eiland zu. Im klei-
nen Hafen liegt ein Boot. Wie wir
hart an derInselvorbeifahren, ſteigt
ebender Leuchtfeuerwächter die Lei-
terhinauf, umdie Laternezurichten.
Wir begrüßen ihn mit einem herz-
lichen „Dober dan!“. Wie Hagel-
ſchauer an einem Maientag praſsselt
aber ein fürchterliches Schimpfen
auf uns nieder. Glücklicherweiſe ver-
23. 1926
Bildern begleitete Koſtorobe aus diesem reizvollen Buch
Vor Arbe an der Küſite Dalmatiens
ſtehen wir von seinem ſerbotroatiſchen Verwünſchungsschwall recht wenig.
Wodurch wir uns sſeinen Grimm zugezogen, iſt uns heute noch ein Rätsel.
Unsere ſelige Sonntagmorgensſtimmung war jäh geſtört. Seefahrer ſind
abergläubiſch, und gleich am Anfang einen Verwünſchungshagel als Frei-
fracht mitzubekommen, drückte uns einigermaßen. Tatsächlich hätte auch
unsere Dalmatienfahrt beinahe ein
furchtbares Ende genommen. Noch
heute denken wir mit Grauen zu-
rück, wie uns wenige Wochen ſpäter
beim Umchiffen eines ſteilen, hohen
Felskaps in Süddalmatien beim
Sturm der Steuerzug gebrochen
und wir und unser gutes Schiff mit
vielen Beulen und triefenden Lö-
chern mehr unfreiwillig als freiwil-
lig von der Brandungin eine felsige
Bucht geworfen worden waren . . .
Davon wußten wir aber heute noch
nichts. Bald drang unsere alte fröh-
liche Stimmung wieder durch, und
mit halblautem Singen, den Takt
der Ruder begleitend, trieben wir
unser wackeres Boot entlang dem
von niederen Seeſtrandkiefern be-
wachſenen Felsſenufer.
Unermüdlich rudern wir weiter.
Oft sprangen glänzende Delphine
aus den Fluten, ſchoſſen wie mäch-
tige, ſilberne Pfeile durch die Luft,
: : um am Ende ihrer tropfenſprühen-
den Bahn wieder in den Wassern
zuverſchwinden. Die glühende Nach-
; ; mittagsonne lähmte unsere Paddel-
begeiſterung, und in die Criſtoforo-
bucht einbiegend, ſuchten wir uns
einen Rastplatz.
Mit leiſem Paddelſchlag fahren
wir hinein in die tiefeingeſchnittene
Bucht. Wir folgen ihrem südlichen
Ausläufer, der wie ein ſtiller See in
urwaldartigen, ſubtropiſchen Wäl-
dern endet. Zwiſchen hohen Erika-
bäumen finden wir einen lauſchigen
Platz, auf dem wir uns zur Ruhe
niederlaſſen, nachdem wir die erſte
Tagesportion unsſerer Verpflegung
in Angriff genommen.
Um das in Dalmatien Jo koſtbare