Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Heft 24

D a s B u < f ür Alle

553



Der Geschäftsmann aus der Stadt kam oft. Sie zeigte jetzt ganz
offenkundig, daß er ihr Handlanger und Zutreiber war. Ihr
Besitſtand vergrößerte ſich von einem Vierteljahr zum andern.
Es glückte ihr alles. Wenn Viehſterben war, kam es nicht zu ihr,
was bei anderen ein ſchlechtes Erntejahr hieß, war bei ihr ein
gutes. Doch hatte ſie kein menſchliches Einvernehmen mit ihren
Leuten, die von schlechtem Schlage und minderer Rasse waren.
Aber sie klebten am Gut und ließen Jich nicht verdrängen.

Der alte Paſtor Schultz, der damals im Dorfe war, fand es
von Sonntag zu Sonntag schwerer, auf die Kanzel zu gehen.
Was sollte er den armen Leuten ſagen, die da in ihren Rechts-
und Gerechtigkeitsbegriffen zerwühlt zu ihm in die Kirche kamen!
Segnete nicht das Glück ſichtbar das Tun des Gutsfräuleins, das
doch soviel Leid und Jammer ihrer Mitmenſchen verschuldet
hatte? Ging ie nicht unberührt durch alle die herzzerreißende Not?
Und war ihr ganzer Reichtum nicht aus dem geboren, was er in
ſeinem Unterricht den Kindern als Diebstahl und als Sünde
gegen das neunte und zehnte Gebot auslegte?

Diejenigen aber, die brav und treu gearbeitet und das Ihre
nach beſtem Können und Wissen getan, die waren um all ihre
Habe gebracht und mußten noch froh sein, wenn die Räuberin
ihnen Dienſt und Arbeit gegen kargen Lohn gab.

Der alte Paſtor wollte ſelbſt bisweilen irre werden, denn er
meinte, Gottes Gerechtigkeit müsse ſich auch ſchon im Diesseits
zeigen, daß er darüber predigen und seine Fäden anknüpfen könne.
Er mußte ſchwer um das Gleichmaß der Seele ringen und konnte
ſich dann nur damit helfen, daß er dem Glauben der Gemeinde

beitrat, der das handgreifliche Walten böſer Mächte annahm, die
dem Fräulein ihre Machtmittel zur Verfügung ſtellten.

Diese Annahme bestätigte ſich ihm auch noch dadurch, daß in
allen dieſen Jahren seit dem Tode der Eltern das Fräulein die
Kirche nicht mehr betrat, auch nie nach Beichte und Abendmahl
verlangte und ihn bei ſeinen Beſuchen durch ihre fremden Dienſt-
boten ungehörig abweiſen ließ.

Aus jener Zeit, die noch nicht lange hinter uns liegt, aber an
Sittlichkeit und Kraft der Anschauungen ſtärker und reiner war
als die heutige, gibt es ſchon Berichte, wie man einzelne Men-
ſchen, denen das Glück absſonderlich zufiel und deren Reichtum
unbekannte Quellen hatte, der Verbindung mit dem Böſen be-
ſchuldigte. In diesen Berichteniſt aber dieſe Beſchuldigung meiſtens
ungerecht und zerſtört grauſam ein unſchuldiges Leben.

So war es bei Albertine Brant nicht. Sie war keine Unschuldige.
Im großen und ganzen traf es zu, was die Leute von ihr ſagten.

Der Teufel war nicht mit Horn und Pferdefuß, auch nicht als
Notar oder Wucherer verkleidet zu ihr ins Haus gekommen, aber
dagewesen war er doch. Als ihr zartes Mädchenglück zerbrach und
ihr erſtes unschuldiges Vertrauen zertreten war, fuhr ihr die
wilde, tobende Leidenschaft ins Gebein. Vielleicht, wenn der
Liebste ſie nur verlassen hätte, aus ihrem Leben verſchwunden
wäre, hätte ihre junge Seele ſich noch unverſehrt aus dem Sturm
gerettet. Aber als er, ihr zum Hohn und Spott, um des Geldes
willen die häßliche und hochmütige Charlotte Metwar heiratete,
kam die nachtſchwarze Stunde, in der ihre beleidigte Natur offen-
ſtand für die Gier nach Rache. Um dies verruchte Liebesspiel, das















tan yu eruges zum Karrengaul: Ein alter Löwe als Filmſchauſpieler in der amerikaniſchen Filmstadt Hollywood. (Ewing Galloway)
 
Annotationen