Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Da s Buch f ür Alle

H!îs;







ziehender Flüsse, der
Drau und Rienz, nie
trennend wirtte, son-
dern die beiden Teile

dend aneinanderfügte.
Selbst zur Zeit des ge-
î woaltigſten römiſchen
Imperiumslief doch die
Südgrenze der Provinz
Rätiens nicht über den
Hauptkamm der Zen-
tralalpen, ſondern ſüd-
licher, etwa längs der
Täler, die deren Aus-
läufer begrenzen. Und

erſter das stolze Herz
Tirols zerſtückelte, riß
das Land im großen
längs der alten römi-

ſchen Provinzgrenze
auseinander und beließ
Meranmitdem Stamm-
ſchloß Tirolund Brixen,
das ganze obere Etſch-
undEisacktalbei Bayern.
Das deutſche Bozenaber
mit dem übrigen Süd-
tirol verleibte er dem
Königreich Italien als
dipartimento dell’ alto
Adige – der Name



Andreas Hofers Geburtshaus, der Sandhof in Paſſeier in Südtirol / Nach einer Aufnahme von W.Miüller in Bozen

Die Gotik treibt ihre bunten, pfeilſpizen Kirchturmhelme tannengleich
in den Himmel, zerfranſt im Turm der Bozener Pfarrkirche den Stein
in wehende Flammen, baut Giebel und Kreuzgänge, ſpitßbogige Lauben,
ſett heimelige und prunkende Erker an die Häuserfronten und ſtellt neben
gemalte, ſpäter geſchnitzte goldſtroßende Flügelaltäre ſpißzendünne Satra-
menthäuschen. Jenseits aber bleibt Stein Stein, der ſchwere Marmor-
altar überwiegt, und der Kampanile, massig gefügt, löſt ſich von dem Leib
ſeiner Kirche. Zu Beginn des fünfzehnten Jahrhunderts blühen in Brixen,
Bozen und Meran Malersſchulen, die ausschließlich das Fresko pflegen,
und wenig ſpäter gleichfalls eine Dreizahl von Bildhauerwerkstätten in
Bozen, Meran und Bruneck, letztere mit Michael Pacher als überragendem
Führer, der in dem brauſenden Chor deutſcher Gotiker eine der gewaltigsten
Stimmen führt. Daß das Licht der Renaissance, die Trunkenheit des
Barocks auch Kunſt und Kultur der Nachbargebiete beeinflußte, nicht mehr
und nicht weniger beeinflußte als etwa Süddeutschland oder das öſtlichere
Donautal, macht deshalb das deutſche Südtirol so wenig wie etwa eines
der anderen eben erwähnten Gebiete vom Gange der deutſchen Geschichte
abweichen. Fiele es doch niemandem ein, ſo mancher prächtiger Rokoko-
dekoration wegen in Südtirol etwa nach französiſchen Ahnen zu fahnden!
Doch gerade die genialen hochbarocken Deckenmaler Zoller, Zeiller, Troger,
Schöpf, ſelbſt Knoller, der nachmalige Leiter der Mailänder Akademie,
ſind Deutsche, die die barocken Formelemente neubelebend durchdringen.
In neuester Zeit endlich wandte ſich das deutſche Südtirol mit seinem
Mutterlande der Romantik, der Wiedergeburt des Mittelalters, zu und iſt
auch in ſeiner weiteren künſtleriſchen Entwicklung nicht nur von der Seite
Deutſchlands nicht gewichen, sondern hat sogar die große deutſche Kunſt
durch Defregger und nun in noch weit höherem Maße durch Egger-Ltenz
zu befruchten vermocht. Italien aber blieb in den Erinnerungen an ſeine
größeren Tage befangen.

Und so gewiß dieser rohe Aufriß der künſtleriſchen Entwicklung des
deutſchen Südtirols für den Geiſt dieser zweihundertzwanzigtauſend Deut-
ſchen ſüdlich des Brenners zeugt, so gewiß zeugt auch die neue Brenner-
grenze für die hiſtoriſche Naivität und brutale Gewissenlosigkeit der jetzigen
Machthaber in Italien. Der ungeheure Stock der Zentralalpen, von den
Öhttaler Fernern bis zu den Hohen Tauern, über den der Brenner als weit-
offenes Tor verbindend führt, bildet ein ungeheures gemeinsſames Dach,
unter deſſen Schutz und Giebel im Norden wie im Süden durchaus ähn-
liches, urgebirgiges Land liegt, ſtammesgleiches Volk wohnt: nicht umſonſt
werden die Täler der Sill und des Eiſack, die vom Brenner gegen Norden
und gegen Süden führen, unter einem gemeinſamen Landſchaftsnamen,
dem des Wipptales, zuſammengefaßt, wie ähnlich, im Oſten Tirols, das
Toblacher Feld, die Quellgebiete durchquerend nach Oſten und Weſten

taucht alſo 1810 als Be
ſtandteil der napoleo-
niſchen Detkretalpolitik
zum erſtenmal auf! ~ ein. Und wenn nun der kaiſerliche Journaliſt und
die Seinen Tirol auch nicht eroberten und es bei napoleoniſchen Gesten
und Namen bewenden ließen, so haben ie doch den traurigen Ruhm, die
Gewalttat des Korsſen dadurch überboten zu haben, daß sie ein Land in
Stücke ſchlugen, eine Kultur zu zerstören ſich anſchicken, die faſt eineinhalb
Jahrtausende köſtlich wie aus einem Guß gegossen. Und dennoch und ge-
rade deshalb muß es immer und immer wieder betont werden: es kann
nicht Italien sein, deſſen Volk fast von allen Völkern Europas das intenſivſte
Nationalempfinden hat, in deſſen Herzen tauſend und tauſend blutwarme
Adern deutſchen Lebens münden, das ſich dieſer paar Täler wegen be-
ſchmutzt! Wir ken- :
nen Italien und
sehnen uns danach
wie die Goten unn
Staufer, Dürer,
Goethe und Platen,
Böcklin, Feuerbach f /
und Marées, wie :
Hauptmann und wie © BRUNECH
alle, die wir blaues IME.
MeerundweißePa-
läſte, orphiſche Gär-
ten und raffaeliſche
Madonnen lieben.
Auch wir verehren
es, berauſchen uns
am Duft der,, Roſe“
und haben bewie-
sen, daß wir vor den
anderen vergaßen
undeinneues Leben

DEUTSCHLAND

Ors(., .

IhMs B gu

057 Erg Eich ;

SCHW- |



[Deutsche llIIILadiner

Bevölkerungsverhältnisse
] Tikol 1910 Von der Brennergtenze bis
Zzut optschgtenze

= dtaliener



beginnen wollen. gs.
Doch wirmüssendie . ts :
wenigenhaſssen, die, ! 215.995

nicht wiſſend, was
ihrer iſt, ſich an un-
serem Gut vergrei-
fen und Wehrloſe in
Kettenſchlagen, wie
ſie das eigene Volk
zur ſtummen Hö-
rigkeit verdammen.



MCE
Das Deutſchtum in Tirol

des Puſtertales verbin-.

ſelbſt Napoleon, der ale.
 
Annotationen