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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 65.1933

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Heft 23
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https://doi.org/10.11588/diglit.52834#0618
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ttsft 23

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15

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Der IckerknlesberZ von bleuZainea. diacb einer ^eicdnnnZ des enZlisckisn Kapüäns
7. H.. Lawson, 6er bcbauprere, dieser Ler§ sei der kiöctisre der Lrde. In VVirkIicbkcir
exisrierr der LerZ überbanpr nicbr, er war nur eine Gründung seines Entdeckers.

erzählen, was sie wollten, selten konnten
sie von jemand widerlegt werden. Aber
es hatte auch niemand den Drang
danach, denn wenn der Weitgereiste
recht spannend und wunderbar zu er-
zählen wußte, so war seinen Zuhörern
damit aufs beste gedient. Von diesem
Gesichtspunkt aus wollen die Reiseschilde-
rungen des klassischen Altertums, wie sie
am schönsten in den Erzählungen der

Oben recnrs:
Oer VoZel 8rran6, der
Lisen kriür.
Oben links:
8elrsaine A/kenscben ans In-
dien. /ras der 1544 erscbie-
nenen „KosrnoZrapbie"
von 8ebasrian iAünster.
klirre recbts:
Lin mir 8cbrvert nnd
8peer bevvalrneter ^tke.

Zainer weitverbreiteten englischen Mo-
^^natsschrift passierte einmal ein Un-
glück besonderer Art. Eigens dazu bestimmt,
nur wirklich erlebte, verbürgt wahre Be-
gebenheiten und Abenteuer zu veröffent-
lichen, brachte sie in großer Artikelreihe
den Bericht eines gewissen M. de Rcuge-
mont über seine Erlebnisse in einem bisher
noch unerforschten Gebiet Australiens. Was
der Verfasser da zu erzählen hatte, war in
der Tat aufsehenerregend. Ein Schiffbruch,
so begann sein Bericht, hatte ihn einst —
er war damals noch ein junger Mann —
an einen entlegenen Teil der australischen
Küste verschlagen. Nachdem er dort zuerst
einige Jahre lang, einsam und verlassen
wie Robinson, den härtesten Kampf ums
Dasein geführt hatte, stieß er auf eine
Horde von Urmenschen, wilden Kanni-
balen, die tief unter jeder andern bekann-
ten Menschenrasse standen. Die Wilden be-
trachteten den Weißen als ein vom Him-
mel herabgestiegenes übernatürliches We-
sen, sie nahmen ihn bei sich auf, er wurde
ihr Häuptling, und er erlebte nun in ihrer
Gemeinschaft dreißig Jahre hindurch eine
Fülle der merkwürdigsten Abenteuer, wo-
bei Zusammenstöße mit ganz unbekannten
Tieren eine besonders aufregende Rolle
spielten.
Die verblüffenden Schilderungen erreg-
ten grcßes Aufsehen, nicht zuletzt auch in
der wissenschaftlichen Welt. Gelehrte Ge-
sellschaften luden den Verfasser ein, Vor-
träge zu halten. Als man dabei dem ein-
stigen Kannibalenhäuptling mit unbeque-
men Fragen zuleibe rückte und ihn ins
Kreuzverhör nahm, stellte sich bald seine
völlige Unglaubwürdigkeit heraus. Den
Nachforschungen einer großen Londoner
Zeitung gelang dann die Feststellung, daß
Herr de Rougemont in Wirklichkeit ein
Schweizer namens Louis Grien und von
Hause aus Kellner war, daß er niemals
Schiffbruch erlitten hatte, niemals in
Australien gewesen war und daß jenes un-
bekannte Land samt den Urmenschen, den
fabelhaften Tieren und allen sonstigen
Wundern nur ein Erzeugnis der blühen-
den Phantasie des bejahrten Kellners war.
Erdichtete Reisen, erfundene Länder —
das hat es schon immer gegeben, in den
alten Zeiten des Reisens natürlich in noch
weit größerm Umfang als heutzutage.
Denn je weniger bekannt der Erdkreis
noch war, desto leichter ward den Fabu-
listen das Handwerk gemacht. Sie durften
 
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