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Architekten- und Ingenieur-Verein <Frankfurt, Main> [Editor]; Wolff, Carl [Oth.]
Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main (Band 3): Privatbauten — Frankfurt a. M., 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.25633#0124
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.Ueber die ältere Geschichte d^s Grossen Speichers (Rothkreuz-Gasse 1;
Lit. F. Nr. 166) ist uns wenig bekannt. Die Rothkreuz-Gasse führte
bis in den Anfang des XVII. Jahrhunderts den Namen Dieterichs-Gasse.
Battonns Vermuthung, dass der Name der Gasse von einem hervorragen-
den Besitzer in dieser Gegend Namens Dieterich stammt, ist wohl richtig;
für Battonns Behauptung, dass der Grosse Speicher früher den Namen
Dieterichs-Eck geführt habe, hat sich kein Nachweis erbringen lassen.
Das Anwesen, welches südlich an die überbrückte Antauche stiess, war
im XIV. Jahrhundert ein Hof und Garten der Patrizierfamilie zum Wedel;
nach dem Häuserverzeichniss 1433—1438 war es im Besitze des Heinrich
Weiss zum Wedel und im Anfänge des XVI. Jahrhunderts im Besitze der
Familie Knoblauch. Die nachfolgenden Eigenthümer, welche die inter-
essanten baulichen Veränderungen vorgenommen haben, auf denen der
bauliche Werth des Hauses beruht, haben sich nicht feststellen lassen.
Battonns spärliche topographische Notizen weisen auf einen ursprüng-
lichen gothischen Bau, von dem jedoch kein Baurest und keine Abbildung
mehr erhalten ist. Erst aus der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts
bieten die Akten des Bau-Amtes sowie Reilfensteins Text einige Angaben
über bauliche Veränderungen ; dieselben sind weiter unten an entsprechender
Stelle benutzt. Glücklicherweise sind Erbauungsdaten an dem Gebäude
selbst vorhanden; aber auch ohne diesen sicheren Anhalt würden uns
mehrere, noch wohl erhaltene, architektonisch werthvolle Bautheile bei
der Bestimmung ihrer Entstehungszeit auf die zweite Hälfte des XVI. Jahr-
hunderts, die Blüthezeit der deutschen Renaissance, verweisen. Damals
entstanden in Frankfurt, hervorgerufen durch den gediegenen Kunstsinn
der wohlhabenden Bürger, Bauten wie das Salzhaus, der Grosse Engel,
die Goldene Waage, welche alle in reizvoller Weise reiche Steinmetzarbeit
mit prächtigem Holzschnitzwerke verbinden; der Grosse Speicher gehört
zu dieser Gruppe, nur dass bei ihm im Unterschiede zu den genannten
Baudenkmälern Alles in bescheidenerem Maasse auftritt, die Aussenfront
wenig hervorgehoben ist und er geringere Abmessungen aufweist.
Zwischen der Rosen-Gasse im Westen und der Rothkreuz-Gasse im
Osten, fast genau in der Richtung von Süden nach Norden gelegen, um-
schliessen die vier BauAuchten einen fast quadratischen Hof, welcher an
der nordwestlichen Ecke mit einem daselbst gelegenen, von hohen Mauern
umschlossenen Gärtchen in Verbindung steht. Die nördliche Brandmauer
liegt jetzt frei an dem Rothkreuz-Plätzchen, vor der Südseite beAnden
sich Häuser der Schüppen-Gasse (seit Herbst 1899 Bethmann-Strasse).
Ein vortreffliches Bild des ganzen Baues, wie es sich im Jahre 1853
noch unversehrt im Zustande der alten Zeit darbot, hat uns ReiAenstein
in seiner Sammlung in der Art einer Vogelschau gegeben {Fig. 76). Es
ist darauf ersichtlich, dass die vier BauAügel zweigeschossig und mit
einem beschieferten Satteldach überdeckt waren; Süd- und Ostbau sind
durchaus massiv, Ost- und Nordbau mit einem Obergeschosse aus Fach-
 
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