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Architekten- und Ingenieur-Verein <Frankfurt, Main> [Editor]; Wolff, Carl [Oth.]
Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main (Band 3): Privatbauten — Frankfurt a. M., 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.25633#0142
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' 103 <

durch den Einbau zweier hachbogig geschlossener (Dehnungen entstellt
ist, von denen die eine als Thüre, die andere als Ladenerker dient; ein
Rest des alten Sturzes ist darüber noch in der Mauer sichtbar. Am
Kopfe des Pfeilers unter dem Erker ist ein kleiner Schild mit einer
Umrahmung von Rollwerk angebracht, der die Jahreszahl 1562 trägt; da
letztere sich auch unter der Nase des nach dem Markte stehenden Giebels
wiederholt, so ist damit Gewähr geleistet, dass das ganze Gebäude in
einer einzigen Bauzeit entstanden istJ) Beide Hausthüren besitzen einen
Hachbogigen Sturz. Die des Kleinen Engels liegt am Rapunzel-Gässchen,^)
die des Grossen Engels am Römerberg; an letzterer hat sich noch das
zierliche Oberlichtgitter sowie die alte Holzthüre mit dem schönen Thür-
klopfer erhalten, der einen stilisierten Löwenkopf darstellt, welcher als
Ring eine Schlange im Rachen hält. Eine eigenthümliche Gestaltung,
die an Frankfurter Profanbauten nur in diesem einen Beispiel auftritt, ist
den kleinen Fenstern des Zwischengeschosses zu Theil geworden; hier
besteht der Sturz aus drei nach unten gekehrten Kreisstücken, eine Form,
die gewöhnlich „Vorhangbogen" genannt wird. Die Gewände, welche dasselbe
Profil wie der Sturz (zwei Kehlen, dazwischen ein Rundstab) haben, laufen
bis auf das Gurtgesims herunter; die Brüstungshäche tritt dazwischen etwas
zurück, wobei die eigentliche Fensterbank keinen architektonischen Aus-
druck erhalten hat. Diese Anordnung wiederholt sich auch am Kleinen
Engel, nur dass hier der Sturz wagrecht läuft, was mit späteren Ver-
änderungen vielleicht zusammenhängt. Vortrefflich gegliedert sind die
Steinkonsolen, welche den Ueberhang des ersten Obergeschosses tragen ;
sie haben zwei Abtheilungen, darüber ein Kopfgesims, und ihre gewundene
Stirnhäche wird durch einen in der Mittelachse laufenden Perlstab und
*) Nach Lotz sind die „oberen Geschosse, sowie der aus der Mitte der Giebel-
seite (?) vortretende Erker jünger, wahrscheinlich nach einem 1582 ausgebrochenen
Brande (Battonn 4, 137)". Battonns Quelle ist folgende Notiz hei Lersner I, 541:
„1582. den 18. Feb. Gehet ein Feuer aus zu Abends um 7 Uhr in der Wechsel".
Abgesehen von dem etwas unklaren Wortlaute dieses Berichtes und dem Umstande,
dass Lersners Aufzeichnungen in vielen Fällen nicht als unbedingt richtig bezeichnet
werden können, ferner dass, wie weiter unten erörtert werden wird, kein zwingender
Grund in stilistischer Beziehung vorhanden ist, wird die Lotzsche Annahme schon
durch die doppelte Anbringung der Jahreszahl am Baue seihst widerlegt. Letztere
ist an der Giebelnase in deutlicher Lesbarkeit auf der Unterseite des wagrecht
liegenden Brettes eingeschnitten, welches von einer reichgeschnitzten Knagge gestützt
wird und in dieselbe eingezapft ist. Die Formbehandlung dieser Knagge und der
dicht darunter befindlichen kleinen, vortrefflich modellierten Maske stimmt vollkommen
mit den übrigen Schnitzarbeiten überein, deren Verlegung in eine spätere Zeit somit
jeder thatsächlichen Begründung entbehrt.
2) Nach einer Notiz Reiffensteins vom Juni 1858 war „neben" dieser Hausthüre
eine „Inschrift links im Thürpfosten eingehauen". Heute konnte keine Spur mehr
davon entdeckt werden. Dieselbe war schon für Reiffenstein von zweifelhafter
Deutung und wurde von Dr. Jost gelesen: „D. H. II. oder C oder etwa D. H. J."
Darunter waren „Figuren", die „vielleicht Beile bedeuten" konnten. Eine Bleistift-
skizze davon findet sich in Reiffensteins Sammlung.
 
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