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Architekten- und Ingenieur-Verein <Frankfurt, Main> [Editor]; Wolff, Carl [Oth.]
Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main (Band 3): Privatbauten — Frankfurt a. M., 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.25633#0256
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209 <

denn er wandte sich znr Erlangung von neuen Plänen an den berühmten,
damals gerade mit der Stadt Frankfurt in lebhafter Unterhandlung wegen
des Neubaues der Hauptkirche stehenden, kurpfälzischen Hofarchitekten
Nicolas de Pigage^), ähnlich wie gerade ein halbes Jahrhundert vorher
Fürst Anselm Franz von Thum und Taxis den französischen Hofarchi-
tekten. Robert de Cotte für den Entwurf seines Palais gewonnen hattet)
Die Nennung des Pigage als Planleger verdanken wir allerdings nur
einer litterarischenUeberlieferung durch Hüsgens „Artistisches Magazin"*);

1) Vgl. Bd. I, S. 286.
2) Vgl. Nagler, Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1841) Bd. XI
8. 294; Gurlitt, Geschichte des Barockstiles etc. (Stuttgart 1888) 8. 468; Oleinen, Die
Kunstdenkmäler der Rheinprovinz (Düsseldorf 1894) III. Bd. 8. 60, 85, 688. — Herr
Architekt Rudolf Tillessen in Mannheim hatte die Güte, uns über Pigage einige, aus
dem Grossherzoglichen Generallandesarchive in Karlsruhe, sowie aus Akten im Besitze
des Herrn Aktuars von Pigage in Mannheim, eines Urgrossneffen des berühmten
Architekten, geschöpfte Notizen zur Verfügung zu stellen, welche wir mit den obigen
Quellen zu den folgenden Angaben vereinigen.
Nicolas de Pigage, geboren 1721 in Lothringen, studierte zuerst auf der Kgl.
Akademie der Baukunst in Paris, später hei seinem Vater Anselm Pigage in Lune-
ville, wo der letztere Hofbaumeister des Königs Stanislaus von Lothringen war.
Nachdem er Frankreich, Italien und England bereist hatte, wurde er 1748 zum Hof-
architekten des Kurfürsten von der Pfalz ernannt, kehrte 1749 nach Mannheim zurück,
wo er anfangs mit einem Jahresgehalt von 1500 Gulden als Intendant der Gärten
und Wasserkünste fungierte. Er kam rasch zu Ehren und war bald unumschränkter
Herrscher in Bauangelegenheiten. Er wurde Baudirektor, Kammerrath und 1768
gleichzeitig mit seinem Vater von Kaiser Josef II. in den erblichen Adelsstand er-
hoben. Er baute den linken Flügel des Mannheimer Residenzschlosses aus. Selbständig
zeigt er sich zuerst an der berühmten Gartenanlage zu Schwetzingen. Sein künst-
lerisch am höchsten stehendes Werk ist das Schloss Benrath (1756—1760) bei Düsseldorf.
Er baute ferner die Schlösser in Boianden und Zweibrücken und sämmtliche Bauten
des Kurfürsten Karl Philipp Theodor in Düsseldorf. Trotz aller Anfechtungen scheint
er sich die Huld seines kurfürstlichen Herrn erhalten zu haben und hatte sich die
letzten Jahre seines Lebens nach Benrath zurückgezogen, wo er auch 1796 gestorben
ist. Er war Mitglied der Akademie von S. Luca in Rom und der Akademie in Paris.
Seine Arbeiten bewegen sich zum grössten Theile in einem fein empfundenen, ge-
mässigten Louis-Quinze-Stile mit nur sparsamer Anwendung von Rocaille-Formen.
In späterer Zeit, etwa um 1775, greift er auch zu antikisierenden Formen. Nach der
Uebersiedelung des Kurfürsten nach München im Jahre 1778 scheint übrigens sein
Einfluss geringer, er selbst etwas in Vergessenheit gerathen zu sein. Pigage verfasste
auch einen Katalog der berühmten Gemäldegallerie in Düsseldorf, die im Jahre 1805
nach München gebracht wurde.
Q Vgl. Bd. II, S. 403 ff.
4) S. 448, Anm.: „Dieses prächtige Gebäude ist nach dem Riss und unter der
Direktion des Herrn v. Pigage, Ohur-Pfältzischen Hof-Baumeister, aufgeführet und
erst dieses Jahr ins Rauhe fertig worden, nachdem man drey Jahre damit zugehracht
hat, und wohl eben so lang zur inneren kostbaren Ausführung nöthig haben wird.
So viele Gebäude, ja wirklich schöne Bäu daneben stehen, womit die Zeil in unsern
Tagen ausgeschmückt wurde, und gewiss einstens, statt der noch übrigen elenden
Feuernester, künftig ansgeschmückt werden wird; so wird dieses Haus doch immer
sein Haupt mit vorzüglichem Stolz darunter erheben. Die Architektur ist das erhabenste
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