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Lappen, sowie Trümmer alten Hausrates, verbunden mit den unsäglichsten
Gerüchen, schlossen sich auf, und wer nur gar einen Blick für die Be-
wohner dieser Räume übrig hatte, würde nicht in Verlegenheit gekommen
sein, Bilder zu entwerfen, die den Schilderungen von Walter Scott und
Bulwer ebenbürtig hätten an die Seite gestellt werden können. Hier
breitete das Laster seine schwarzen Fittige unbehindert aus, und das Elend
zog in allen nur erdenklichen Formen vor dem Beschauer vorüber.
Auf der* andern Seite
wieder konnte der durch die
dunklen Räume gleitende
Blick, indem er einem Fenster
mit zerbrochenen, runden
Scheiben sich zuwandte, in
ein von den freundlichen
Strahlen der Morgen-Sonne
erleuchtetes, kleines, auf der
Dicke der alten Stadtmauer
oder in einem hinteren Hüt-
chen angelegtes Gärtchen ge-
langen, in welchem Blumen
in Töpfen und Kasten mit
Erde sorgsam gepflegt daran
erinnerten, dass auch selbst
in den untersten Rangstufen
der menschlichen Gesellschaft
der Sinn für das Schöne und
Behagliche eben so gut Boden
gewinnen und sich auszu-
breiten vermag, wie in den
Palästen der Reichsten und
Höchsten dieser Erde.
Letztere Eindrücke em-
pfing man namentlich von der-
jenigen Seite der Strasse, deren
Hinterhäuser und Gärtchen
nach dem Hofe der Goldenen
Luft (Viehhof) hin lagen (Fig. 168)G) Sie hatten bei beträchtlicher Tiefe
meistens nur ein kleines Höfchen, dessen Boden ungefähr 8—10 Fuss
höher als das Pflaster des anstossenden Viehhofes lag, und waren mit einer
Menge seltsamer Hinterbauten und Sommerhäuschen besetzt, die meistens
auf der Mauer, die denselben begrenzte, aufgesetzt waren. Man erreichte
Fig. 1(14. Judcn-Gasse (1883). Nach Otto Lindheimer.
9 Wir fügen hier Reiffensteins Text die Wiedergabe einer Zeichnung von Otto
Lindheimer hei.
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