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Architekten- und Ingenieur-Verein <Frankfurt, Main> [Hrsg.]; Wolff, Carl [Bearb.]
Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main (Band 3): Privatbauten — Frankfurt a. M., 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.25633#0313
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. 260 *

sie vom Hofe aus vermittelst einer Leiter oder Treppe; auch führten Gänge
und Treppen aus den ersten Stockwerken in diese Bäume herunter, in
denen zumeist die Laubhütten errichtet wurden. Gegen den mehrerwähnten
Viehhof hin waren die Fenster und Oetfnungen derselben vielfach mit
hölzernem Gitterwerk, sogenanntem Gerähmse, verschlossen, und nicht
leicht konnte man sich ein seltsameres Gewinkel und Gemische von Räum-
lichkeiten denken, als es sich hier vor dem erstaunten und überraschten
Beschauer entfaltete. Ein Blick auf meine genauen Abbildungen wird
dies zur Genüge darthun und mich jeder weiteren Beschreibung überheben
(es wird davon hier nur Fig. 169 wiedergegeben).
An der äusseren Seite der Mauer in dem Viehhofe waren in gewissen
Entfernungen und etwa in Mannes-
höhe über dem Boden Steine ein-
gemauert, welche ein erhaben ge-
arbeitetes grosses vergoldetes F mit
der Jahreszahl 1712—14 trugen, und
vermochte man an ihnen das Vor-
anschreiten des Neubaues nach dem
fürchterlichen Brande (sogenannter
Judenbrand) von 1711, der beinahe
die ganze Strasse in Asche legte,
genau zu verfolgen. Auch in der
Mauer, die das Dominikaner-Kloster
von der Juden-Gasse abschloss,
fanden sich solche Steine vor; sie
tragen theilweise den Frankfurter
Adler und sind heute noch an
einigen Häusern in dem Neuner-
Gässchen, deren Höfe ebenfalls von
der Stadtmauer begrenzt werden,
zu sehen. Von Zeit zu Zeit, etwa
zwischen je 6—8 Häusern hatte
man Brandmauern errichtet, welche
bis über die Giebel und Firsten weit hinausragten und auf ihren Horst-
steinen gewöhnlich mit einer Kugel gekrönt waren. Die Häuser auf der
gegenüber liegenden Seite hatten sämmtlich zwei Höfe, deren hinterster
durch die finstere Klostermauer geschlossen wurde, die sich beinahe in
der ganzen Länge der Strasse hinter ihnen herzog. Hier waren nun in
regelmässigen Abständen zwischen je sechs Häusern Brandmauern ein-
geschoben, welche die ohnedem engen Höfe einschliessend, den ßnsteren
und unheimlichen Eindruck dieser Seite noch bedeutend vermehrten. Auch
fanden sich viele Häuser vor, die zwei Keller über einander hatten,
von denen der unterste, tiefste meistens mit einem versteckten Eingang
versehen war, und welche offenbar den Zweck hatten, in Zeiten der


Fig. 165. Juden-Gasse; Stuckdecke.
Nach Otto Lindheimei*.
 
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