Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Architekten- und Ingenieur-Verein <Frankfurt, Main> [Hrsg.]; Wolff, Carl [Bearb.]
Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main (Band 3): Privatbauten — Frankfurt a. M., 1914

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.25633#0479
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
' 426 ^

des südwestlichen, schmalen, niedrigen, an das Theater stossenden Längs-
Hügels hervorgehoben (vgl. Fig. 302 nnd 304), der nach einem Brande
im Jahre 1831 durch den Zimmermeister Constantin Gelilhaar auf der alten
Fluchtlinie und dem älteren, schlichten Zustande ähnlich wieder aufgebaut
wurde und seitdem bis heute noch unverändert erhalten ist; mit dem davor-
liegenden Hofstreifen des Hauses Junghof-Strasse Nr. 15 ist er der letzte
Rest des ehemaligen Anwesens.
Der Hoftheil hinter dem Thorhause muss, von innen nach dem Ross-
markt zu gesehen (Fig. 305), eines der schönsten und charakteristischsten
Architekturbilder des alten Frankfurt gewesen sein. Was hier durch
die Jahrhunderte sich zusammengefunden hatte, wirkte wie die einheitliche
Schöpfung eines auf einfache, packende Wirkung bedachten, der reicheren
Ausschmückung abholden Meisters der Baukunst. Wir müssen dem be-
geisterten Kenner und Schilderer Alt-Frankfurts, Carl Theodor Reitfenstein,
für die wenigstens im Bilde bewirkte Rettung dieses entschwundenen
Anblickes besonderen Dank schulden. Er hat den Jung-Hof mit liebevollem
Fleisse und mit vollendeter Technik von allen Seiten eingehend aufge-
nommen und, wie er selbst in seinem Texte dazu bemerkt, es sprechen
diese Abbildungen des Hofes „deutlicher, als alle Beschreibungen es ver-
mögen"/) Zu beiden Seiten nächst dem Thorwege bestimmen offene,
hölzerne Galerien den Eindruck; die nördliche, als Bekrönung eines Thor-
baues frei aufgesetzt, läuft im nordöstlichen Eck in einen kleinen, ihr
entsprechenden Holzerker aus, die südliche bildet einen Ueberhang und
wird von einem stattlichen Zwerchhause überragt. An beiden sind die
Stützenformen von einfachster Gestaltung. Ein besonderes Kapitell ist
nicht vorhanden, statt dessen geht das viertelkreisförmig ausgeschnittene
Kopfband ohne Absatz vom quadratischen Pfosten in den oberen Trage-
balken über, eine ungemein klare Linienführung, die im alten Frankfurt
mit Vorliebe an solchen Stellen angewandt wurde.
Alle Hofhäuser haben die gleiche bescheidene Stimmung, bis auf den
im rückwärtigen, breiteren Hoftheile still und feierlich sich erhebenden
Theaterbau, dem, seinem Wesen entsprechend, eine monumentalere Gestal-
tung verliehen worden war. Aber auch hier wieder ohne besonderen
Schmuck; kein Pfeilerwerk noch Gesimse und Umrahmungen hat er an
seinen Fronten aufzuweisen, trotz der Zeit seiner Entstehung, 1756, in
welcher das Rokoko auch in Frankfurt mit vornehmem Masshalten überall
gerne auftrat, sondern lediglich ein niedriges Dachgesims, aus dem ein
schmuckloser, antikisierender Mittelgiebel herauswuchs. Die Wirkung beider

*) Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass das Kupferstich-Kabinett des Städelschen
Kunstinstitutes ein die innere Ansicht des Jung-Hofes, nach dem Rossmarkte zu ge-
sehen, darstellendes Aquarell von Dr. med. Wilhelm Stricker, ohne Datierung, besitzt.
Es ist zwar dilettantisch in der Ausführung, gibt aber die Disposition der Häuser
recht gut wieder.
 
Annotationen