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Architekten- und Ingenieur-Verein <Frankfurt, Main> [Editor]; Wolff, Carl [Oth.]
Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main (Band 3): Privatbauten — Frankfurt a. M., 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.25633#0480
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gleich ausgebildeter Fronten beruht in ihrer stattlichen Länge und dem
Gegensätze der oberen Reihe von kleinen quadratischen Fenstern zu den
unteren Fenstern und Thüren. Alle hatten nur völlig glatte Umrahmungen.
Das Innere, ebenfalls von Reitfenstein im Augenblicke des Abbruches
noch in einem stimmungsvollen Bilde verewigt (Fig. 806), war ein Saal
bescheidenen Umfanges, dessen beide Längsseiten von je zwei übereinander
liegenden Reihen von Logen eingenommen wurden. Leider sind wir über
den Grundriss nicht unterrichtet. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auf
jeder Seite des Saales nur drei Logenabtheilungen vorhanden waren. Wenn
wir annehmen, dass jede dieser Logen die Breite zweier Fensterachsen
(bei sehr breiten Zwischenpfeilern) einnahm, so bleiben von den elf Achsen
des ganzen Gebäudes (vgl. Fig. 304) noch fünf übrig, welche auf die Tiefe
der Bühne, auf einen Vorraum und die zu den oberen Logen führenden
Treppen vertheilt werden. Vermuthlich führten die Logen auch an der der
Bühne gegenüber liegenden Schmalseite herum. Hinter den Logen er-
streckten sich längs der Fensterwände schmale Korridore, die durch breite
Thüren mit jeder der ersteren in Verbindung standen. Die Bühne selbst
war um die Breite dieser Korridore vergrössert.
Alle Raumverhältnisse des Gebäudes müssen für ein Theater sehr
eng und unpraktisch gewesen sein. Dies geht nicht nur aus einer Ab-
schätzung der Abmessungen des Baues nach Reitfensteins Abbildungen
hervor, sondern auch aus Goethes eigener Beschreibung im ersten Theile des
dritten Buches von Dichtung und Wahrheit: „Das Lokal war weder günstig
noch bequem, indem man das Theater in einen Konzertsaal hineingezwängt
hatte, so dass für die Schauspieler hinter der Bühne keine besonderen Ab-
theiluugen stattfanden. In einem ziemlich grossen Nebenzimmer, das
ehedem zu Spielpartien gedient hatte, waren nun beide Geschlechter meist
beisammen..." Diese „Foyers, wo die Schauspieler in der Zwischenzeit
sich aufhielten und sich an- und auskleideten", können unseres Erachtens
nur in dem nach Süden anstossenden Hofgebäude untergebracht gewesen
sein ; der entsprechende nördliche Anbau scheint für diese Annahme weniger
geeignet. Die Angaben Goethes über die Platzvertheilung im Proscenium
sind für die Beurtheilung dieser rein baulichen Verhältnisse weniger wichtig.
Die Ausschmückung des Innern war nach Reitfensteins Gemälde, wo
allerdings das Fehlen der Sessel im Parterre und in den Logen einen öden
Eindruck hervorbringt, fast nüchtern, mag aber in Wirklichkeit unter dem
Scheine der Kerzen etwas günstiger gewirkt haben. Die Brüstungsflächen
und Zwischenpfeiler, sowie die Bühnenötfnung waren lediglich mit einfachen
geometrischen Füllungen versehen, die Decke war durch die Unterzüge
eingetheilt; nur im mittleren Felde erblickt man eine einfache, kreisförmige
Stuckleiste, aus der wohl der Kronleuchter herabhing.
Nach dem Abbruche des Theaters kam der auf einer mächtigen ge-
wölbten Durchfahrt sich erhebende Verbindungsbau zwischen dem nördlichen
und südlichen Theile des neuen Saalbaues auf dieselbe Stelle zu stehen, so
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