Schlobitten geborenen Sohn und späteren Majoratsherrn, Alexander Aemil, unter anderen
Möglichkeiten besonders geeignet erschienen sein.
Wie hat Kraus die Aufgabe, dieses Thema darzustellen, gelöst? Ikonographisch durch
Rückgriff auf die eigentliche Prodikosfabel Xenophons, die die späteren Zutaten, wie die
Tugendburg und den schmalen und breiten Weg noch nicht kennt — Herkules sucht einen
einsamen, nicht näher beschriebenen Platz auf, um über seinen Lebenspfad nachzudenken —
und daher die Beschränkung auf fünf Figuren ohne Beiwerk erlaubte; künstlerisch durch
Anlehnung an hellenistische Vorbilder, wahrscheinlich Sarkophage.
Das Relief über dem linken Kamin zeigt die geflügelte Virtus im Chiton, den erhobenen
rechten Arm auf eine Lanze gestützt und sich nach Herkules zurückwendend, den sie von
hinten umfaßt und mit sanftem Zwang mit sich zieht. Der Held ist als kräftiger, hoch-
aufgewachsener und nur mit einem wehenden Tuch bekleideter Jüngling gebildet, der die
Keule über der rechten Schulter trägt und — der Führerin willig folgend — nach links aus-
schreitet, so eilends, daß seine freie Hand nach hinten zurückschwingt. Aber auch sein Blick
geht zurück, als sei es nicht nur der an seinem Mantel zerrende Cupido, der versucht, ihn
zurückzuhalten, sondern als fiele es ihm selbst nicht leicht, sich loszureißen. Das Zentral-
motiv der Fabel — eben die sittliche Entscheidung — wird durch dieses leichte Zaudern be-
sonders deutlich. Im Vordergrund und so nah am unteren Rande des Relieffeldes, daß sie
diesen überschneidet, lagert in wollüstiger Haltung, fast nackt, das rechte Bein leicht an-
gezogen und mit dem linken Ellbogen sich auf das berühmte Sardanapal-Pfühl stützend,
Venus-Voluptas, begleitet von einer aus dem Abgrund mit halbem Oberkörper auf-
getauchten, abschreckend häßlichen, weiblichen Gestalt230, die den Kopf faul in die Hand
schmiegt. Die zur Verfügung stehende Fläche war so schmal, daß Kraus die beiden Gruppen
übereinander anordnen mußte, wobei der Liebesbote durch den abwärtsgerichteten Blick
die Verbindung zwischen den beiden Zonen herstellt.
Das rechte Relief ist sehr ähnlich in der Komposition. Auch hier sind fünf Figuren
dargestellt: im Vordergrund Venus-Voluptas als Rückenakt, halb auf der Umrahmung
lagernd; neben ihr wiederum ein häßliches Gesicht als Verkörperung des Bösen; Minerva,
sitzend, mit Helm und Rüstung, einen Jüngling oder Knaben in der Gewandung eines
römischen Kriegers an sich heranziehend, während Cupido versucht, ihre Aufmerksamkeit
auf sich zu lenken, damit jener ihrem Einfluß zum Guten entzogen werde231. Es handelt
sich wiederum um das Thema der Prodikosfabel, aber es ist nicht Herkules, der in die
moralische Entscheidung hineingestellt ist, sondern ein Knabe; Virtus wird durch Minerva
vertreten. Für den Austausch der mythologischen Figuren gibt es, wie Panofsky gezeigt
hat, eine ganze Reihe von Beispielen, unter denen Raphaels sogenannter „Traum des
Ritters" das bekannteste ist232. Der „Ritter", der auf dem Schlobitter Relief neben der
Göttin steht, ist nach den kindlich dünnen Beinen zu schließen233, keineswegs ein aus-
gewachsener Jüngling, sondern ein Knabe. Diese kleine persönliche Charakterisierung —
die einzig mögliche bei einer Art der Darstellung, die Porträthaftigkeit ausschloß — er-
mächtigt m. E. zu der Annahme, daß sich hinter dem Knaben einer der Söhne Alexanders,
vielleicht Albrecht Christoph, der Wartenberg erbte, aber mit größerer Wahrscheinlichkeit
Alexander Aemil verbirgt, der 1713, als der Saal fertig wurde, neun Jahre alt war. Die
Zuordnung gerade dieser zweiten Version der Herkules-Entscheidung zu der Büste Amalie
Möglichkeiten besonders geeignet erschienen sein.
Wie hat Kraus die Aufgabe, dieses Thema darzustellen, gelöst? Ikonographisch durch
Rückgriff auf die eigentliche Prodikosfabel Xenophons, die die späteren Zutaten, wie die
Tugendburg und den schmalen und breiten Weg noch nicht kennt — Herkules sucht einen
einsamen, nicht näher beschriebenen Platz auf, um über seinen Lebenspfad nachzudenken —
und daher die Beschränkung auf fünf Figuren ohne Beiwerk erlaubte; künstlerisch durch
Anlehnung an hellenistische Vorbilder, wahrscheinlich Sarkophage.
Das Relief über dem linken Kamin zeigt die geflügelte Virtus im Chiton, den erhobenen
rechten Arm auf eine Lanze gestützt und sich nach Herkules zurückwendend, den sie von
hinten umfaßt und mit sanftem Zwang mit sich zieht. Der Held ist als kräftiger, hoch-
aufgewachsener und nur mit einem wehenden Tuch bekleideter Jüngling gebildet, der die
Keule über der rechten Schulter trägt und — der Führerin willig folgend — nach links aus-
schreitet, so eilends, daß seine freie Hand nach hinten zurückschwingt. Aber auch sein Blick
geht zurück, als sei es nicht nur der an seinem Mantel zerrende Cupido, der versucht, ihn
zurückzuhalten, sondern als fiele es ihm selbst nicht leicht, sich loszureißen. Das Zentral-
motiv der Fabel — eben die sittliche Entscheidung — wird durch dieses leichte Zaudern be-
sonders deutlich. Im Vordergrund und so nah am unteren Rande des Relieffeldes, daß sie
diesen überschneidet, lagert in wollüstiger Haltung, fast nackt, das rechte Bein leicht an-
gezogen und mit dem linken Ellbogen sich auf das berühmte Sardanapal-Pfühl stützend,
Venus-Voluptas, begleitet von einer aus dem Abgrund mit halbem Oberkörper auf-
getauchten, abschreckend häßlichen, weiblichen Gestalt230, die den Kopf faul in die Hand
schmiegt. Die zur Verfügung stehende Fläche war so schmal, daß Kraus die beiden Gruppen
übereinander anordnen mußte, wobei der Liebesbote durch den abwärtsgerichteten Blick
die Verbindung zwischen den beiden Zonen herstellt.
Das rechte Relief ist sehr ähnlich in der Komposition. Auch hier sind fünf Figuren
dargestellt: im Vordergrund Venus-Voluptas als Rückenakt, halb auf der Umrahmung
lagernd; neben ihr wiederum ein häßliches Gesicht als Verkörperung des Bösen; Minerva,
sitzend, mit Helm und Rüstung, einen Jüngling oder Knaben in der Gewandung eines
römischen Kriegers an sich heranziehend, während Cupido versucht, ihre Aufmerksamkeit
auf sich zu lenken, damit jener ihrem Einfluß zum Guten entzogen werde231. Es handelt
sich wiederum um das Thema der Prodikosfabel, aber es ist nicht Herkules, der in die
moralische Entscheidung hineingestellt ist, sondern ein Knabe; Virtus wird durch Minerva
vertreten. Für den Austausch der mythologischen Figuren gibt es, wie Panofsky gezeigt
hat, eine ganze Reihe von Beispielen, unter denen Raphaels sogenannter „Traum des
Ritters" das bekannteste ist232. Der „Ritter", der auf dem Schlobitter Relief neben der
Göttin steht, ist nach den kindlich dünnen Beinen zu schließen233, keineswegs ein aus-
gewachsener Jüngling, sondern ein Knabe. Diese kleine persönliche Charakterisierung —
die einzig mögliche bei einer Art der Darstellung, die Porträthaftigkeit ausschloß — er-
mächtigt m. E. zu der Annahme, daß sich hinter dem Knaben einer der Söhne Alexanders,
vielleicht Albrecht Christoph, der Wartenberg erbte, aber mit größerer Wahrscheinlichkeit
Alexander Aemil verbirgt, der 1713, als der Saal fertig wurde, neun Jahre alt war. Die
Zuordnung gerade dieser zweiten Version der Herkules-Entscheidung zu der Büste Amalie