Für Abraham gilt in besonderem Maße, worin man die Bedeutung der Familie Dohna
für die brandenburg-preußische Geschichte im allgemeinen gesehen hat: sie habe ihrer
preußischen Heimat calvinistisch geprägte Frömmigkeit mit neustoischer Pflichtauffassung,
die niederländische Staats- und Kriegskunst sowie die neue französisch-höfische Bildung
vermittelt und sei damit Wegbereiter des „Preußentums" geworden. In diesem Sinne,
meint Gerhard Oestreich, ließe sich „das Geschlecht. . . Dohna ... in seinen zahlreichen
hervorragenden Persönlichkeiten nur mit den genialen Gestalten der Grafen von Nassau
und Oranien vergleichen, die in ununterbrochener Folge im 16. und 17. Jahrhundert in
Erscheinung treten". Ein bezeichnendes Licht auf die Funktion Abraham Dohnas als
Vermittler der „Niederländischen Bewegung" wirft die Tatsache, daß sich in seiner Schlo-
bitter Bibliothek alle wichtigeren Schriften zur Politik und Kriegskunst des Justus Lipsius,
des Begründers der niederländischen neustoischen Lebens- und Staatsphilosophie, in frühen
Drucken und Erstausgaben befanden.
Noch enger mit den Niederlanden verknüpft war das Leben des jüngsten Bruders,
Christoph (1583—1637), und seiner Kinder. Er war neben Abraham der bedeutendste an
Geist, Charakter und geschichtlicher Wirksamkeit unter den Brüdern, wie auch der wich-
tigste für Schlobitten, das seine Nachkommen erbten. Als zweiter von vier Dohnas aus
aufeinanderfolgenden Generationen verfaßte er aufschlußreiche Lebenserinnerungen. Hoch-
gebildet, durch lateinische und deutsche Gedichte sowie Übersetzungen empfohlen, wirkte
er an der Gründung der „Fruchtbringenden Gesellschaft" (1617) mit, „die unter dem
Decknamen einer Sprachgesellschaft die heustoisch-naturrechtlichen, hochpolitischen Ideen
der niederländischen Toleranz in Deutschland vertritt" (Oestreich). Früh zum reformierten
Bekenntnis übergetreten, widmete er sich ganz dem Dienste der Union und der Vormacht
des deutschen Protestantismus, Kurpfalz, und reiste als Gesandter an fast alle wichtigen
Höfe Europas. Als Rat und Oberkammerherr Friedrichs von der Pfalz wurde er in die
Katastrophe des „Winterkönigs" von Böhmen hineingezogen und begleitete die königliche
Familie auf ihrer Flucht.
Durch seine Heirat mit Ursula Gräfin zu Solms-Braunfels war Christoph in ein ver-
wandtschaftliches Verhältnis zum Hause Nassau-Oranien — und somit auch zum Hause
Kurpfalz — getreten, das noch enger wurde, als Ursulas Schwester Amalie sich mit dem
Statthalter Friedrich Heinrich Prinz von Oranien vermählte. Die hierdurch verstärkte Ver-
bindung zu den Niederlanden und die darin angebahnte verwandtschaftliche Befestigung der
Beziehungen zum brandenburg-preußischen Hause — Amalies Tochter Louise Henriette
heiratete 1646 den Großen Kurfürsten — sollten für die weiteren Geschicke des Hauses
Dohna von ausschlaggebender Bedeutung sein; im Schlobitter Schlosse haben sie viel-
fältigen Niederschlag gefunden. Christoph, der seine pfälzischen Besitzungen infolge der
Reichsacht als Anhänger des „Winterkönigs" verloren hatte, verlegte seinen Wohnsitz
erst nach Carwinden und dann nach Delft. Im Jahre 1629 ernannte Friedrich Heinrich
seinen Schwager zum Statthalter des Fürstentums Orange (Oranien), das dieser aus einem
in langer Abwesenheit der Fürsten verwahrlosten Zustand in den sieben Jahren seiner
Regentschaft zu neuer Blüte führte. Nach seinem Tode folgte ihm in der Statthalterschaft
seine ebenso kluge wie schöne Gemahlin, seit 1649 sein ältester, als Generalleutnant im
niederländischen Heere dienender Sohn Friedrich (1621—1688), der Stammvater aller
379
für die brandenburg-preußische Geschichte im allgemeinen gesehen hat: sie habe ihrer
preußischen Heimat calvinistisch geprägte Frömmigkeit mit neustoischer Pflichtauffassung,
die niederländische Staats- und Kriegskunst sowie die neue französisch-höfische Bildung
vermittelt und sei damit Wegbereiter des „Preußentums" geworden. In diesem Sinne,
meint Gerhard Oestreich, ließe sich „das Geschlecht. . . Dohna ... in seinen zahlreichen
hervorragenden Persönlichkeiten nur mit den genialen Gestalten der Grafen von Nassau
und Oranien vergleichen, die in ununterbrochener Folge im 16. und 17. Jahrhundert in
Erscheinung treten". Ein bezeichnendes Licht auf die Funktion Abraham Dohnas als
Vermittler der „Niederländischen Bewegung" wirft die Tatsache, daß sich in seiner Schlo-
bitter Bibliothek alle wichtigeren Schriften zur Politik und Kriegskunst des Justus Lipsius,
des Begründers der niederländischen neustoischen Lebens- und Staatsphilosophie, in frühen
Drucken und Erstausgaben befanden.
Noch enger mit den Niederlanden verknüpft war das Leben des jüngsten Bruders,
Christoph (1583—1637), und seiner Kinder. Er war neben Abraham der bedeutendste an
Geist, Charakter und geschichtlicher Wirksamkeit unter den Brüdern, wie auch der wich-
tigste für Schlobitten, das seine Nachkommen erbten. Als zweiter von vier Dohnas aus
aufeinanderfolgenden Generationen verfaßte er aufschlußreiche Lebenserinnerungen. Hoch-
gebildet, durch lateinische und deutsche Gedichte sowie Übersetzungen empfohlen, wirkte
er an der Gründung der „Fruchtbringenden Gesellschaft" (1617) mit, „die unter dem
Decknamen einer Sprachgesellschaft die heustoisch-naturrechtlichen, hochpolitischen Ideen
der niederländischen Toleranz in Deutschland vertritt" (Oestreich). Früh zum reformierten
Bekenntnis übergetreten, widmete er sich ganz dem Dienste der Union und der Vormacht
des deutschen Protestantismus, Kurpfalz, und reiste als Gesandter an fast alle wichtigen
Höfe Europas. Als Rat und Oberkammerherr Friedrichs von der Pfalz wurde er in die
Katastrophe des „Winterkönigs" von Böhmen hineingezogen und begleitete die königliche
Familie auf ihrer Flucht.
Durch seine Heirat mit Ursula Gräfin zu Solms-Braunfels war Christoph in ein ver-
wandtschaftliches Verhältnis zum Hause Nassau-Oranien — und somit auch zum Hause
Kurpfalz — getreten, das noch enger wurde, als Ursulas Schwester Amalie sich mit dem
Statthalter Friedrich Heinrich Prinz von Oranien vermählte. Die hierdurch verstärkte Ver-
bindung zu den Niederlanden und die darin angebahnte verwandtschaftliche Befestigung der
Beziehungen zum brandenburg-preußischen Hause — Amalies Tochter Louise Henriette
heiratete 1646 den Großen Kurfürsten — sollten für die weiteren Geschicke des Hauses
Dohna von ausschlaggebender Bedeutung sein; im Schlobitter Schlosse haben sie viel-
fältigen Niederschlag gefunden. Christoph, der seine pfälzischen Besitzungen infolge der
Reichsacht als Anhänger des „Winterkönigs" verloren hatte, verlegte seinen Wohnsitz
erst nach Carwinden und dann nach Delft. Im Jahre 1629 ernannte Friedrich Heinrich
seinen Schwager zum Statthalter des Fürstentums Orange (Oranien), das dieser aus einem
in langer Abwesenheit der Fürsten verwahrlosten Zustand in den sieben Jahren seiner
Regentschaft zu neuer Blüte führte. Nach seinem Tode folgte ihm in der Statthalterschaft
seine ebenso kluge wie schöne Gemahlin, seit 1649 sein ältester, als Generalleutnant im
niederländischen Heere dienender Sohn Friedrich (1621—1688), der Stammvater aller
379