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Ewa Frąckowiak
KLINGER UND DIE POLEN

Der groBe EinfluB des graphischen Schaffens von Max Klinger (1857-1920), dem
beruhmtesten deutschen Radierer der Jahrhundertwende, auf die Arbeiten vieler
Kunstler - nicht nur der Zeitgenossen des Meisters, sondern auch einer viel spateren
und aus ganz anderen lnspirationsquellen schópfenden Generation - versetzt bis heute
ins Erstaunen.1 Dieser EinfluB, soweit es sich um das Schaffen westeu-
ropaischer Kunstler handelt, ist in vielen Beitragen und Katalogen2 erortert worden, die
anlaBlich der seit den siebziger Jahren zahlreich veranstalteten Klinger-Ausstellungen
erschienen sind. Sein EinfluB auf die polnische Kunst ist dagegen noch nicht erforscht
worden, obwohl gewisse Hinweise auf eine mogliche Inspiration in Monographien uber
Józef Mehoffer3 und Antoni Kamieński4 enthalten sind. Der vorliegende Beitrag stellt
einen Versuch dar, die im Laufe der Arbeit an der ersten Ausstellung des gesamten gra-
phischen Werks Max Klingers in Polen5 gewonnenen Erkenntnisse zusammenzufassen.

Die ersten Versuche, das polnische Publikum mit den graphischen Folgen dieses
unbestrittenen Erneuerers der „Kunst der Nadel” naher bekannt zu machen, unternahm
der unubertroffene Propagandist der Moderne in all dereń Erscheinungsformen, A. Kry-
wult, der im April 1900 in seinem Warschauer Salon Klingers Eine Liebe, Opus X, Vom
Tode erster Teil, Opus XI, Dramen, Opus IX, Eva und die Zukunft, Opus III, Brahms-
phantasie, Opus XII, ausstellte. Das waren dieselben Werke, die seit den achtziger Jahr-
en in Galerien Europas Triumphe feierten. Im Oktober 1900 wurden einzelne Radierun-
gen Klingers neben Arbeiten von Liebermann, Rops, Thoma, Herkomer, Zorn und Whis-
tler bei Krywult gezeigt, und im November desselben Jahres fullten den Salon vier wei-
tere Folgen: Ein Leben, Opus VIII, Vom Tode zweiter Teil, Opus XIII, Ein Hand-
schuh, Opus VI, Rettungen ovidischer Opfer, Opus II. 1906 wurde die Folgę Eine Liebe
erneut bei Krywult ausgestellt. Die Gesellschaft zur Fórderung der Schónen Kunste
Zachęta zeigte im September 1904 Klingers Arbeiten auf einer groBen Ausstellung deu-
tscher Graphik aus der Sammlung Jakub Mortkowicz. Die Prasentationen der Werke
Klingers begleitete eine lebhafte Pressediskussion, die mit den in der literarischen Mo-
natsschrift Ateneum veroffentlichten Berichten Cezary Jellentas uber die Berliner „Ur-
Ausstellungen” des Meisters schon in den Jahren 1892 und 1893 angefangen hatte.
Uber die Warschauer Ausstellungen berichtete ausfuhrlich die Wochenschrift Tygodnik
Ilustrowany, die auch exzellente Abbildungen brachte6.

1. U. a.: Kathe Kollwitz, Edvard Munch, Otto Greiner, Giorgio de Chirico, Alfred Kubin, Max Ernst.

2. Z. B. Max Klinger zum 50. Todestag, Ausstellungskatalog, Kunsthalle Bremen, 1970; Max Klinger, Aus-
stellungskatalog, Kunsthalle, Bielefeld, 1976; Max Klinger 1857-1920. Druckgraphik, Institut fur Auslandsbezie-
hungen, Stuttgart, 1978; Max Klinger. Druckgraphiken, Ausstellungskatalog, Landesmuseum, Mainz, 1990;
Symbolismo en Europa, Centro atlantico de arte moderna, Madrid 1990; Max Klinger. Ein Handschuh, Stadtische
Galerie im Stadelschen Kunstinstitut, Frankfurt, Hamburger Kunsthalle, 1992; Kobieta, Eros, Śmierć. Graficzne
cykle Maxa Klingera, Ausstellungskatalog, Muzeum Narodowe w Poznaniu, 1993; Świat fantazji Maxa Klin-
gera, Faltblatt zur Ausstellung, Muzeum Narodowe w Warszawie, 1994.

3. J. Puciata-Pawłowska, Józef Mehoffer i Stanisław Wyspiański, Dzieje przyjaźni artystów, Toruń 1970.

4. J. Wiercińska, „Antoni Kamieński - zapomniany dekaderit", in: Sztuka i książka, Warszawa 1986.

5. Kobieta, Eros, Śmierć..., op. cit.

6. Tygodnik Ilustrowany, 1900, T. III, Nr. 47, S. 932; ebenda, 1901, T. II, Nr. 40, S. 782, Nr. 48, S. 939-940; eben-
da, 1902, T. I, Nr. 17, S. 323, Nr. 22, S. 431.

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