Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Antoni Ziemba

JOHANN CARL LOTHS GEMALDE IN WARSCHAU

Johann Carl Loth zahlte zu den zu seiner Zeit bekanntesten deutschen Malern, die in
Italien tatig waren, obgleich er bedauerlicherweise heutzutage keinen so groBen Ruhm
mehr wie einst genieBt. Das in der Inschrift auf seinem Grabmal in der S. Luca-Kirche in
Venedig zu lesende Lob: Jo. Car. Loth Bavar. suorum temporum Appelles [...], steht im
krassen und peinlichen Widerspruch zur - leider immer noch aktuellen - Meinung seines
modernen Monographisten, Gerhard Ewald, aus dem Jahre 1965: „Die Bedeutung dieser
sowohl fur die italienische ais auch fur die deutsche Barockmalerei wichtigen
Kunstlerpersónlichkeit ist bisher nur einem engen Kreise von Spezialisten bewuBt”1.
Noch zu Lebzeit Loths pries ihn Marco Boschini in den folgenden Worten: „Un Carlo Loto
de nation todesca, / Per cusi dir, condisse la Pitura / Con squitezza tal de miniadura / Che
la confonde 1’arte pitoresca. / Se un quadro di Tician, del Veronese / Davanti al so’man
certo el deventa, / E strazze in paragon mostra 1’orese. / Piu no’ puol far chi studia imi-
tation. / Ma qua no’ so conclude el so’ valor; / Perche lu, da bonissimo Pitor, / Compone
istorie rare d’invention”.2

Johann Carl Loth wurde 1632 in Munchen geboren und am 8. August in der dortigen
Frauenkirche getauft. Sein Vater, Johann Ulrich, war einer der fuhrenden Maler
Munchens, und seine Mutter Libia, Tochter des Bildhauers Hans Krumper, genoB den
Ruhm einer anerkannten Miniaturmalerin. Auch sein jungerer Bruder Franz war ais Maler
ausgebildet und tatig. Sein Oheim Georg Loth war Kammermaler des Erzherzogs
Leopold Wilhelm in Munchen und der ósterreichischen Erzherzoge in Wien.

Schon in der Werkstatt seines Vaters und seiner Mutter wurde dem jungen Johann
Carl die Lehre der italienisch barocken Formensprache ubermittelt und wahrscheinlich
bald nach 1653 zog er, dem Vorbild seines Vaters und seines Oheims nachfolgend, zur
weiteren Ausbildung nach Italien. Zunachst kam er nach Rom, wo er in der Mitte derfunf-
ziger Jahre verblieb und mit zwei anderen nordlichen Kunstlern zusammen, Willem Drost
und Jan van der Meer (aus Utrecht), verkehrte3. In Rom studierte er die Werke
Caravaggios und der Caravaggisten und wurde auch in denen von den Carraccis und
ihren Mitarbeitern und Kollegen vertraut. Nach 1656 siedelte er nach Venedig uber und
arbeitete in der Werkstatt des Piętro Liberi. Viel wichtiger wurde fur ihn aber der Kontakt
mit Giambattista Langetti und der EinfluB von Johann Liss. Bald hat er sich verselbst-
standigt und bald kamen zahlreiche Auftrage. Sein erstes Werk in offentlichem Auftrag
war das groBe Altargemalde der Heimsuchung Mariae fur die Kirche des Ospedale della
Pieta (vor 1664; nicht erhalten). Zu Loths wichtigsten Auftraggebern und Fórderern
gehorten u.a.: Erzherzog Leopold Wilhelm von Ósterreich, Graf Humprecht Johann von
Chudenitz, Kurfurst Ferdinand Maria von Bayern und seine Gemahlin Adelaide von
Savoyen, Furstbischof von Trient, Francesco degli Alberti de Poją, GroBherzog von
Toscana Ferdinando de’ Medici, Abt Bernhard Wenzl von Tegernsee und nicht zuletzt
der Kaiser Leopold I. Dank solcher Forderung konnte der Kunstler groBe Altargemalde

1. G. Ewald, Johann Carl Loth 1632-1698, Amsterdam 1965, S. 7, in Weiterem zit. ais Ewald (bei der Anfuhrung

der Werke Loths - mit der Katalognummer).

2. M. Boschini, La Carta del Navegar Pitoresco, Venezia 1660, s. 554.

3. A. Houbraken, Groote schouburgh der nederlantschen konstschilders en schilderessen, Bd. 2, Amsterdam 1721,

ed. A. Wurzbach, Wien 1880,. s. 320, 403.

7
 
Annotationen