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Bock, Franz
Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters: oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung (Band 2) — Bonn, 1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.26751#0233
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eben genannten hochwürdigsten Bischof von Hildeshehn hei kirch-
lichen Festzeiten in Gebrauch genommen.
Auf Taf. XXIX., Fig. 3 ist ein nicht weniger kunstreich gear-
beitetes phylacterium ab gebildet, das, aus der Mitte des XV. Jahr-
hunderts herrührend, der Pfarrkirche von Xeu-IIaaren angehört
und vielleicht früher als Brustkreuz von Seiten der Aebtissin von St.
Ursula in Cöln, woher es stammen soll, getragen worden sein dürfte.
Gleichwie die Miter, der bischöfliche Stab und die übrigen Ab-
zeichen der oberhirtlichen Würde nach Ablauf des Mittelalters in der
sogenannten Renaissance-Periode über Gebühr sich zu erweiteren
und durch eine Fülle von meist nichtssagenden Ornamenten die
Leere und Armuth der Composition zu verdecken suchten, so
diente auch gegen Schluss des XVI., mehr aber noch im XVII.
und XVIII. Jahrhundert, das bischöfliche Kreuz dazu, dem Bijou-
teristen erwünschte Gelegenheit zu geben, um die Vorderfläche
desselben mit einer Menge der kostbarsten Edelsteine in leuchtenden
Farben und von ausgesuchter Schleifung zu heben und zu verzieren.
So Rnden sich aus diesem Zeitabschnitt in den verschiedenen Ka-
thedralschätzen des Abendlandes noch eine Menge der kostbarsten
Brustkreuze vor, die weniger durch ihre kunstreich entwickelte
Form, als durch Grösse und Ueberladung mit einer Menge von
facettirten Edelsteinen dem Beschauer zu imponiren suchen. Die
ältere überlieferte Form und die Einrichtung dieser als
Reliquiarien ist bei den meisten dieser modernen Prachtkreuze
verloren gegangen.
In jüngster Zeit ist für den derzeitigen Erzbisthumsverweser
von Cöln, Weihbischof Dr. Baudri, ein mustergültiges Pectoral-
kreuz als Reliquiar in grösster Vollendung der Technik wieder an-
gefertigt worden, das in seiner äussern Form und Verzierung jenem
reich ornamentirten Kreuze entlehnt ist, das sich auf dem deut-
schen Reichsapfel, aufbewahrt im Schatze der Kaiserburg zu Wien,
vorfindet, und welches auf Tafel II, Figur 2 unseres Werkes: yJ)ie
Kleinodien des heiligen römischen Reiches deutscher Nation^, abge-
bildet und auf Seite 13 u. 14 beschrieben worden ist. Auch wurde in
neuester Zeit für den hochwürdigsten Bischof von Trier, Dr. Pell-
dram, nach dem genialen Entwürfe des Architekten Schneider ein
reichverziertes bischöfliches Brustkreuz im Style des XII. Jahrhun-
derts als Reliquiar in meisterhafter Arbeit von Stifts-Goldschmied
Vogeno in Aachen angefertigt, das in seiner äussern Form und
Verzierungsweise wieder mit jenen ältern gweedpm übereinstimmt,
wie sie im XII. und XIII. Jahrhundert, der Blüthezeit der kirchlichen
 
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