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Bode, Wilhelm
Franz Hals und seine Schule: ein Beitrag zu einer kritischen Behandlung der holländischen Malerei — Leipzig, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.16216#0019
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— 11 —

übertrifft, doch ein merklicher Fortschritt geltend. Das bräunliche Colorit
hat hier einem hellen blonden Tone Platz gemacht, die Farben sind heller
und doch ebenso leuchtend, die Behandlung ausserordentlich leicht und flott.

Aus demselben Jahre 1627 besitzt die Berliner Galerie ein kleines
Bildniss des Johann Acronius in halber Figur. Noch mehr als in jenen
grossen Bildern zeigt sich hier gegenüber dem frühesten mir bekannten
Bildnisse in kleinem Format, dem von Suyderhoef gestochenen Portrait
des bereits mehrfach erwähnten Historikers von Haarlem Theodor Schrevelius,
ein ausserordentlicher Fortschritt. Während in diesem Bilde aus dem
Jahre 1617 noch die der alten flamändischen und holländischen Schule
gemeinsame Behandlungsweise einer braunen Untermalung, die nur mit
wenig Deckfarben und dünnen Lasuren übergangen ist, in einer fast
peniblen Weise festgehalten ist, ist die Behandlung in dem Berliner
Bilde ebenso geistreich, die Färbung so materiel und pastos, wie die
Auffassung lebendig und frappant ist.

In diese Zeit, oder wohl noch einige Jahre früher, fallen auch die
ersten Genrebilder — oder richtiger die ersten genreartigen Bildnisse
unseres Meisters, jene Bänkelsänger und Rommelpotspeeler, jene lustigen
Kneipbrüder und ausgelassenen Courtisanen. W. Burger schreibt die Er-
findung und die erste Ausübung dieses Genres dem F. Hals zu und
lässt G. Honthorst, der namentlich durch derartige Darstellungen bekannt
ist, dieselben dem Hals entlehnen. Ich möchte dagegen glauben, dass
das Verhältniss gerade das umgekehrte ist, dass aber auch G. Honthorst
erst in Italien sich diese Darstellungen angeeignet hat. Hier finden wir
dieselben bereits am Ende des XVI. Jahrhunderts von M. A. da Caravaggio
mit vielem Beifall behandelt und durch seine von Malern aller Länder
besuchte Schule verbreitet: durch Tb. Bombouts nach Flandern, durch
Ribera nach Spanien, durch Valentin nach Frankreich, endlich durch
G. Honthorst, Baburen, Bylaert, J. van Lis u. a. Meister nach Holland.
Freilich lassen uns die Biographen ganz darüber im Unklaren, wann
Honthorst sich in Italien aufhielt; doch scheint mir der Umstand, dass
er im Jahre 1623 schon Vorstand der Lucasgilde in Utrecht war, darauf
hinzuweisen, dass er schon seit längerer Zeit wieder in die Heimath zu-
rückgekehrt sein musste. Doch wie dem auch sei — mag nun ein ver-
wandtes Streben die verwandten Darstellungen in Italien, in Flandern, in
Holland gleichzeitig hervorgerufen haben, oder mögen dieselben durch
den Einfluss des Caravaggio, der sie zuerst und am effectvollsten be-
handelte, ihre Verbreitung gefunden haben — diese Gemälde, welche bei
Honthorst und seinen Schülern noch heimathlosc und oft selbst rohe
und karikirte Gestalten aufweisen, erhalten erst durch die kerngesunde
 
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