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Bode, Wilhelm
Franz Hals und seine Schule: ein Beitrag zu einer kritischen Behandlung der holländischen Malerei — Leipzig, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.16216#0020
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humoristische Auffassung des Frans Hals, durch seinen geistreichen Pinsel
Fleisch und Blut, werden zu derben aber ächten holländischen Volksfiguren
voll köstlichsten Humors. Zu den frühesten Werken dieser Art gehören
u. a. die „singenden Knaben" in Cassel und ein Bild ähnlichen Gegen-
standes in der Sammlung Suermondt; nach dem blonden Ton und der
etwas trockenen Behandlung, die noch an G. Honthorst erinnert, mögen
sie um das Jahr 1625 entstanden sein. Etwa aus dem Jahre 1630 ist
dann der köstliche Lautenspieler — nach Burger das Portrait des A.
Brouwer, welches kürzlich mit der Sammlung Dupper in Dordrecht in
das Museum zu Amsterdam übergegangen ist; noch um ein bis zwei
Jahrzehnte später mag die berühmte „Hille Bobbe" der Sammlung Suer-
mondt, mögen die verschiedenen „Eommelpotspeeler" entstanden sein, die
an lebendiger Auffassung, Humor und Breite des Machwerks kaum ihres
Gleichen haben.

Doch ehe der Meister sich dieser fast schrankenlosen Freiheit über-
liess, macht derselbe noch eine Periode seiner Entwicklung durch, welche
wohl mit Recht als die Epoche seiner höchsten Blüthe betrachtet wird.
Dieselbe liegt etwa zwischen den Jahren 1630 und 1640. Diese Zeit ist
zugleich die productivste des Künstlers, und von den erhaltenen Werken,
gehören derselben fast die Hälfte an. Zwei der hervorragendsten Meister-
werke besitzt wieder das Museum in Haarlem. Das frühere, im Jahre 1633
entstandene, stellt eine Versammlung der Offiziere des Schützencorps zum
heil. Andreas dar. Dies Mal haben sich jedoch die 14 Würdenträger
nicht an der Festtafel, sondern unter den schattigen Bäumen eines Parkes
zusammengefunden. Die Gruppirung ist hier so geschmackvoll und doch
so ungesucht und einfach, die Färbung, welche in jenen beiden Bildern
vom Jahre 1627 gar zu hell, fast bunt erschien, ist durch einen kühlen
grauen Gesammton so fein harmonisch gestimmt, die Durchführung er-
scheint trotz aller Breite so vollendet, dass ich kein Bild des Meisters
diesem an die Seite zu setzen vermag, ja dass es unter allen Schöpfungen
der holländischen Schule wohl nur hinter Kembrandt's berühmter „Nacht-
wache" zurückzustehen braucht. Von gleicher Meisterschaft des Mach-
werkes ist auch das zweite Schützenstück vom Jahre 1639, das umfang-
reichste Bild des Meisters, welches nicht weniger als 19 Mitglieder des
Schützencorps zum heil. Georg enthält, unter denselben auch den Meister
Frans Hals selbst. Leider beeinträchtigt den vollen Genuss des Bildes die
Art der Anordnung, indem nämlich die Figuren in zwei Reihen überein-
ander wie aufmarschirt dastehen. Von gleicher Vollendung und von
gefälligerer Anordnung ist ein anderes grosses Schützenstück im Stadt-
hause zu Amsterdam aus dem Jahre 1637.
 
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