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Charakter tragen, sind zweifellos gleichfalls von seiner Hand. Jenes datirte Bild, die „Innenansicht eines
Renaissance-Palastes" (Nr. 976), ist ein kleines Meisterwerk des Steenwyck; anziehend im Motiv, ist es
durch die leichte, saubere Behandlung, die helle Färbung, den blonden Ton von besonders reizvoller
Wirkung. Mit dem köstlichen Palastinterieur der National- Gallery in London, mit dem bekannten Christus
bei Martha im Louvre und ein paar ähnlichen Bildchen der Dresdener Galerie bildet das Schweriner
Bild eine Gruppe innerhalb der beträchtlichen Zahl von Werken des jüngeren Steenwyck, die durch
Eigenartigkeit des Motivs, durch Frische und Klarheit der Farbe und geistreiche Behandlung sich vor-
theilhaft vor den meisten, namentlich vor den späteren Werken des Künstlers auszeichnet. In diese
spätere Zeit desselben scheinen die drei übrigen Bilder der Schweriner Galerie zu gehören, sämmtlich
Innenräume mit trübem Licht, schwarzen Schatten und schwerer, etwas einförmiger Wirkung der Farbe.
Zwei derselben stellen die Befreiung Petri aus dem Gefängniss dar, ein Motiv, das der Künstler in dem
Streben, die Wirkung mächtiger Gewölbe im Halbdunkel einer dürftigen Beleuchtung durch künstliches
Licht wiederzugeben, gern und häufig wiederholt hat. In den Galerien zu Braunschweig, Wien, Darm-
stadt, Budapest, bei Graf Schönborn und Graf Czernin in Wien, als Zeichnung im Museum zu Göttingen
und an anderen Orten findet sich dieselbe Darstellung mit den verschiedensten Abänderungen.
Als Steenwyck's Schüler gilt der ältere Peeter Neefs, und gewiss mit Recht. Die Galerie zu
Gotha und der Louvre haben zum Beispiel bezeichnete Compositionen mit der Befreiung Petri, welche
jenen eben genannten Bildern des jüngeren Steenwyck zum Verwechseln ähnlich sehen. Auch seine
gewöhnlichen Motive, Innenansichten weiträumiger gothischer Kirchen, haben in einzelnen Bildern des
Steenwyck mit ähnlichen Motiven ihr unmittelbares Vorbild und erinnern nicht seiten auch in Färbung
und Behandlung auffallend an diese Bilder. Dies gilt namentlich von einem der fünf auf den Namen des
älteren Peeter Neefs verzeichneten Gemälde der Schweriner Galerie, von dem „Inneren einer gothischen
Kirche mit erhöhtem Mittelschiff" (Nr. 716). Wie dieses so ist auch das kleine Bild, welches das Innere
einer gothischen Kirche bei Abendzeit darstellt (Nr. 717), ein Werk aus der früheren Zeit des Künstlers,
der hochbejahrt, nach dem Jahre 1656 in Antwerpen starb. Diese Bilder haben noch etwas Kaltes und
Nüchternes in der Färbung und Ausführung; die späteren Bilder sind dagegen malerischer und breiter
behandelt. Der gleichnamige Sohn von Neefs, der 1620 geboren wurde und also eine Reihe von Jahren
neben dem Vater arbeitete, hat gleichfalls fast ausnahmslos das Mittelschiff hoher gothischer Kirchen
(in der Regel die Kathedrale seiner Vaterstadt Antwerpen) dargestellt, und schliesst sich auch in der
malerischen Behandlung so eng an seinen Vater an, dass eine Unterscheidung der späteren Bilder des
Vaters und der Gemälde seines Sohnes (vor dem lode des älteren Meisters) meid sehr schwer fällt.
Ich gestehe, dass mir bei je zwei zusammengehörigen Bildern der Schweriner Galerie die Bestimmung
des Meisters fraglich scheint: zwei sind dem Vater (Nr. 719 und 720), zwei dem Sohne zugeschrieben
(Nr. 721 und 722). Sämmtliche Bilder zeigen das Innere hoher gothischer Kirchen; sie zeigen dieselbe
breitere Behandlung, einen ssüssigen Farbenauftrag, reichere Färbung und Figuren von derselben Hand,
vom jungen Frans Francken (III). Die beiden letztgenannten Bilder sind allein datirt, sie tragen die
Jahreszahlen 1652 und 1653; demnach könnten sie also sehr wohl noch von der Hand des Vaters sein,
 
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