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ALTNIEDERLÄNDISCHE UND ALTDEUTSCHE MEISTER.
Nr. 159. Lucas Cranach d. Ä. Bildniss Karls V. Bezeichnet mit Monogramm und 1548. Roth-
buchenholz. Höhe 0*205, Breite 0'145. — Hochätzung nach einer Zeichnung von R. Raudner.
Nr. 870. Hermann tom Ring (Frans Floris ?). Brustbild des Wiedertäufers Johann von
Leiden. Eichenholz. Höhe 0.51, Breite 0*39. — Radirung von P. Halm.
Nr. 871. Hermann tom Ring (Frans Floris ?). Brustbild der Gemalin des Johann von
Leiden. Gegenstück von Nr. 870. — - Radirung von P. Halm.
NTER der kleinen Zahl von Gemälden der ältesten niederländischen und deutschen Schulen, welche
die Schweriner Galerie aufzuweisen hat, sind einige nicht ohne allgemeineres Interesse. Die
grossen niederländischen Meister des fünfzehnten Jahrhunderts, Jan van Eyck und seine Schüler und
Nachfolger fehlen freilich vollständig. Das frühere Bild dieser Schule ist wohl der kleine Flügelaltar
von Cornelis Engelbrechtz (Nr. 339), der etwa um das Jahr 1515 entwanden ist. Das Mittelbild zeigt
die Auferstehung, der linke Flügel Christus und die drei Marien, der rechte Flügel Christus und Maria
Magdalena. In den langen schlanken Figuren mit schmalen Köpfen, in der trockenen Färbung und im
kühlen Ton sind diese Bilder den früheren Arbeiten des Hieronymus Bosch sehr verwandt. Dem Schüler
des Cornelis, Lucas van Leiden, wird die Darstellung der „Königin von Saba vor Salomo" (Nr. 599)
zugeschrieben; freilich bezeichnet der Katalog das Bild nur als eine Copie oder als das Werle eines
Nachahmers von Lucas van Leiden. Der Verfasser macht dabei ganz mit Recht auf die grosse
Verwandtschaft dieses Bildes mit der auf Leinwand gemalten „Sibylle vor Kaiser Augustus" in der
Galerie der Akademie zu Wien aufmerksam. Doch glaube ich, dass dieses hervorragende Bild mit
Unrecht dem Lucas van Leiden zugeschrieben wird; mir erscheint es vielmehr als ein charakteristisches
Meisterwerk des Herry de Bles; und ein derber, wenig jüngerer Nachahmer dieses Künstlers hat auch
das Schweriner Bild gemalt.
Werthvoller und als ein eigenhändiges Werk erscheint mir das dem Barend van Orley zuge-
schriebene „Opfer Abrahams" (Nr. 757). In der kräftigen Färbung, in der an Gerard David erinnernden
Landschast, in den schlichten stattlichen Figuren ist das Bild namentlich den Flügelbildern des Güstrower
Altars verwandt und daher wie dieses wohl eines der früheren Werke des -Meisters. Auch in diesem
Bilde zeigt sich entschieden die italienische Einwirkung, namentlich in der Färbung, welche von der
venezianischen Schule beeinflusst erscheint. Besonders anziehend und von beinahe italienischer Schönheit
ist die Figur des einen Dieners im Vordergrunde.
Unter mehreren namenlosen Niederländern aus der gleichen Zeit sind zwei Altarssügel am
bemerkenswerthesten (Nr. 748). Auf dem linken Flügel ist der knieende Stifter vorn in reicher Land-
schaft dargestellt, hinter ihm sein Schutzpatron, der heilige Ludwig von Frankreich, und weiter zurück
ein zweiter Heiliger, St. Fiacrius. Der rechte Flügel zeigt Gattin und Tochter des Stifters, beide
knieend; hinter ihnen stehen ihre Schutzheiligen, Maria Magdalena und Margaretha. Die tüchtigen
Bilder haben Verwandtschaft mit Gerard David; aber sie sind doch so eigenartig in der trocken auf-
getragenen klaren Färbung, in der etwas nüchternen Auffassung und in der Behandlung der Landschaft,
dass sie weder diesem noch sonst einem der bisher bekannten niederländischen Meister sich zuschreiben
lassen. Der Umstand, dass beide Schutzpatrone des Stifters französische Heilige sind, weist wohl darauf
hin, dass das Bild französilchen Ursprungs ist. Da es anderseits enge Beziehungen zu der niederländischen
Kunst zeigt und auf Eichenholz gemalt ist, so muss es im nordöstlichen Frankreich entstanden sein.
In der Färbung erscheint das Bild in gewisser Entfernung den Gemälden von Burckmaier verwandt.
ALTNIEDERLÄNDISCHE UND ALTDEUTSCHE MEISTER.
Nr. 159. Lucas Cranach d. Ä. Bildniss Karls V. Bezeichnet mit Monogramm und 1548. Roth-
buchenholz. Höhe 0*205, Breite 0'145. — Hochätzung nach einer Zeichnung von R. Raudner.
Nr. 870. Hermann tom Ring (Frans Floris ?). Brustbild des Wiedertäufers Johann von
Leiden. Eichenholz. Höhe 0.51, Breite 0*39. — Radirung von P. Halm.
Nr. 871. Hermann tom Ring (Frans Floris ?). Brustbild der Gemalin des Johann von
Leiden. Gegenstück von Nr. 870. — - Radirung von P. Halm.
NTER der kleinen Zahl von Gemälden der ältesten niederländischen und deutschen Schulen, welche
die Schweriner Galerie aufzuweisen hat, sind einige nicht ohne allgemeineres Interesse. Die
grossen niederländischen Meister des fünfzehnten Jahrhunderts, Jan van Eyck und seine Schüler und
Nachfolger fehlen freilich vollständig. Das frühere Bild dieser Schule ist wohl der kleine Flügelaltar
von Cornelis Engelbrechtz (Nr. 339), der etwa um das Jahr 1515 entwanden ist. Das Mittelbild zeigt
die Auferstehung, der linke Flügel Christus und die drei Marien, der rechte Flügel Christus und Maria
Magdalena. In den langen schlanken Figuren mit schmalen Köpfen, in der trockenen Färbung und im
kühlen Ton sind diese Bilder den früheren Arbeiten des Hieronymus Bosch sehr verwandt. Dem Schüler
des Cornelis, Lucas van Leiden, wird die Darstellung der „Königin von Saba vor Salomo" (Nr. 599)
zugeschrieben; freilich bezeichnet der Katalog das Bild nur als eine Copie oder als das Werle eines
Nachahmers von Lucas van Leiden. Der Verfasser macht dabei ganz mit Recht auf die grosse
Verwandtschaft dieses Bildes mit der auf Leinwand gemalten „Sibylle vor Kaiser Augustus" in der
Galerie der Akademie zu Wien aufmerksam. Doch glaube ich, dass dieses hervorragende Bild mit
Unrecht dem Lucas van Leiden zugeschrieben wird; mir erscheint es vielmehr als ein charakteristisches
Meisterwerk des Herry de Bles; und ein derber, wenig jüngerer Nachahmer dieses Künstlers hat auch
das Schweriner Bild gemalt.
Werthvoller und als ein eigenhändiges Werk erscheint mir das dem Barend van Orley zuge-
schriebene „Opfer Abrahams" (Nr. 757). In der kräftigen Färbung, in der an Gerard David erinnernden
Landschast, in den schlichten stattlichen Figuren ist das Bild namentlich den Flügelbildern des Güstrower
Altars verwandt und daher wie dieses wohl eines der früheren Werke des -Meisters. Auch in diesem
Bilde zeigt sich entschieden die italienische Einwirkung, namentlich in der Färbung, welche von der
venezianischen Schule beeinflusst erscheint. Besonders anziehend und von beinahe italienischer Schönheit
ist die Figur des einen Dieners im Vordergrunde.
Unter mehreren namenlosen Niederländern aus der gleichen Zeit sind zwei Altarssügel am
bemerkenswerthesten (Nr. 748). Auf dem linken Flügel ist der knieende Stifter vorn in reicher Land-
schaft dargestellt, hinter ihm sein Schutzpatron, der heilige Ludwig von Frankreich, und weiter zurück
ein zweiter Heiliger, St. Fiacrius. Der rechte Flügel zeigt Gattin und Tochter des Stifters, beide
knieend; hinter ihnen stehen ihre Schutzheiligen, Maria Magdalena und Margaretha. Die tüchtigen
Bilder haben Verwandtschaft mit Gerard David; aber sie sind doch so eigenartig in der trocken auf-
getragenen klaren Färbung, in der etwas nüchternen Auffassung und in der Behandlung der Landschaft,
dass sie weder diesem noch sonst einem der bisher bekannten niederländischen Meister sich zuschreiben
lassen. Der Umstand, dass beide Schutzpatrone des Stifters französische Heilige sind, weist wohl darauf
hin, dass das Bild französilchen Ursprungs ist. Da es anderseits enge Beziehungen zu der niederländischen
Kunst zeigt und auf Eichenholz gemalt ist, so muss es im nordöstlichen Frankreich entstanden sein.
In der Färbung erscheint das Bild in gewisser Entfernung den Gemälden von Burckmaier verwandt.