Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bode, Wilhelm
Die Meister der holländischen und vlämischen Malerschulen — Leipzig, 1917

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.15571#0160
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
der Wirkung. Andere behandeln einfache waldige Motive: eine Hütte am Wege
zwischen Bäumen, ein Waldinterieur, einen Weg am Waldesrand mit einer Stadt
in der Ferne — schon C. Vroom und selbst einem frühen Jacob van Ruisdael und
Hobbema verwandt —, dann eine frühe Arbeit: einen großen Baum in der Nähe
des Meeres, die Ansicht eines stattlichen Renaissanceschlosses (Hämelschenburg bei
Hameln?), die große Ansicht eines holländischen Landsitzes an einem breiten Flusse,
aus der Vogelperspektive gesehen, den Ausblick aus einem Fenster auf die Noorder-
kerk von Amsterdam und andere mehr. Die Mehrzahl seiner Radierungen stellt
aber Berglandschaften dar, öde Täler mit steilen Wänden, deren nackte Felsen nur
hier und da einem verkümmerten Baum, einer bärtigen Tanne Platz und Nahrung
bieten. Der gleichen Art sind die wenigen Zeichnungen, die wir von Segers be-
sitzen. Eine Szenerie von ausgesprochen alpinem Charakter. Und in der Tat
vermeinen wir noch heute bestimmte Plätze aus dem Reußtal und dem oberen En-
gadin wieder zu erkennen. Andere Blätter, in denen Ausblicke in weite flache Ferne
mit steilen Felsbildungen im Vordergrunde verbunden sind, erscheinen auf den ersten
Blick als freie Kombinationen des Künstlers aus seinen Studien von der Alpenreise
und aus heimischen Motiven. Bei näherer Betrachtung zeigen jedoch auch diese
Blätter nichts von phantastischer Komposition oder willkürlicher Zusammen-
stellung; sie bieten eine durchaus einheitliche landschaftliche Erscheinung und
lassen auf Erinnerungen an die Voralpen schließen. Ein Blatt des Amsterdamer
Kabinetts mit einer weitläufigen Ruine, in welche Häuser mit flachen Dächern
eingebaut sind, hat so ausgesprochen italienischen Charakter, daß wir annehmen
müssen, der Künstler habe auch die Alpen überschritten und Oberitalien gesehen.

Sämtliche Radierungen von Hercules Segers, so verschieden die Gegenden sind,
welche sie darstellen, und so deutlich sich reifere Arbeiten von früheren unter-
scheiden lassen, zeigen doch einen geschlossenen persönlichen Stil. Obgleich nicht
ein Blatt seinen Namen trägt (die mit dem mehrdeutigen Monogramm H. S. be-
zeichnete Radierung scheint mir nicht von seiner Hand; leider trägt auch kein Blatt
die Jahreszahl), würde doch selbst ein Laie, der eine Anzahl von Radierungen auf-
merksam betrachtet hat, in den übrigen leicht dieselbe Hand erkennen, ganz ab-
gesehen davon, daß des Künstlers Eigenart sofort durch die Technik, mit der er seine
Blätter in farbigen Tönen druckt und mit matten Farben teilweise ausmalt, in die
Augen springt. Segers ist einer der ersten Landschaftsmaler in Holland, die sich
als Radierer versuchten; seine Technik hat daher noch die einfache und kräftige,
mehr zeichnende Art, wie sie gleichzeitig etwa Jan und Esaias van de Velde oder
Willem Buytewech ausüben; aber er ist auch darin, wie in seinen Motiven, mannig-
faltiger und origineller als diese Künstler. Auch sind offenbar die meisten einfachen
Schwarzdrucke, welche uns erhalten sind, als Probedrucke des Künstlers zu be-
trachten, die nur die Unterlage bildeten, auf welcher er durch verschiedenfarbigen
Tondruck und nachträglichen Auftrag einzelner Farben Blätter von vollständiger
Bildwirkung hervorzubringen suchte. In den kleinen Landschaften mit weiten Aus-
blicken beschränkt er sich in der Regel darauf, mit einfachen, fast parallelen kleinen
Strichen die Bewegung und den Charakter des Terrains ausdrucksvoll wiederzu-
geben; die Blätter mit öden Alpengegenden sind dagegen in eigentümlich körniger
Manier behandelt, den verwitterten Feisenformetf entsprechend, die dargestellt sind;

148
 
Annotationen