in so vielen Etats, als Exemplare davon vorkommen. Der Künstler, welcher in der
durch Konvention gebundenen Landschaftsschule vom Ausgang des 16. Jahr-
hunderts groß wurde, empfindet doch vielfach schon so modern, daß er in seiner
Vorliebe für farbige Drucke, die er bald in einem einzigen Tone, bald in mehreren
Tönen druckte und dann hinterher noch stellenweise mit Farbe überging, als Vor-
läufer unserer modernsten Farbenradierer erscheint. Diese Radierungen gehören
zu den größten Seltenheiten. Es gibt nur ein ziemlich vollständiges Werk der-
selben, das eben genannte im Kupferstichkabinett des Rijksmuseum zu Amster-
dam. Außerdem finden sich im Printroom des British Museum, im Dresdener und
Berliner Kabinett, in der Albertina zu Wien und in der Sammlung des Königs Fried-
rich August II. zu Dresden je etwa zehn bis zwanzig dieser Blätter, nur einige wenige
in anderen Sammlungen. Die Internationale Chalkographische Gesellschaft hat eine
Ausgabe von trefflichen farbigen Nachbildungen des ganzen Werkes herausgegeben.
Die Motive sind fast nur landschaftlicher Art, und zwar sind es Landschaften
ohne Figuren oder doch mit ganz untergeordneter Staffage. Die wenigen Ausnahmen
bestätigen die Regel: Segers war Landschaftsmaler. Die „Beweinung unter dem
Kreuz", das einzige figürliche und zwar rein figürliche Blatt des Meisters,
ist eine beinahe treue, im Gegensinn angefertigte Kopie nach dem be-
kannten Holzschnitt Hans Baidungs. Die Übertragung in eine persönliche
Auffassung beweist zwar, daß der Künstler die Wiedergabe der menschlichen
Formen beherrschte, aber er hält 'sich doch so eng an den älteren deut-
schen Meister, dessen herbe Auffassung ihm verwandt war und dessen Technik
ihn besonders interessierte, daß wir daraus wohl schließen dürfen, er habe
sich im allgemeinen von eigenen figürlichen Kompositionen ferngehalten. Auch
ist die Behandlung des Fleisches und der Gewandung fast die gleiche wie die seiner
Felsen und des Steinbodens: voller Furchen, zerrissen und zerfressen, sehr wenig
fleischig, und darin sehr abweichend von Baidungs Vorbild. Es kommt ihm be-
sonders auf die Farbenwirkung, auf die Tonwerte an, durch die er aus der schwarzen
Zeichnung mit wenigen Tönen ein farbiges Bild gemacht hat. Daß er gelegentlich
auch Figürliches gemalt haben kann, ist deshalb nicht ausgeschlossen. Das Ma-
donnenbild („een lieve vrouwtje met een kinnetje in den arm lesende in een boek"),
welches in einer Versteigerung im Haag 1662 ausdrücklich als ein Werk des Her-
cules Segers bezeichnet wird, möchte ich nicht, wie Bredius, für ein Werk des Ant-
werpener Gerard Seghers halten, um so weniger, als auch in einem Verzeichnis der
Gemälde des Amsterdamer Kunsthändlers Johannes de Renialme 1655 mitten unter
Segers' Landschaftsbildern ein „Mariabeelt van Segers" (taxiert auf 150 Gulden)
vorkommt. In den Versteigerungen finden wir mehrfach ein Gemälde mit einem
Totenkopf, ein Motiv, das er auf Bestellung eines Arztes gemalt zu haben scheint.
Sonst weisen nur noch zwei urkundlich genannte Stilleben und eine Pferdestudie,
die gleichfalls sein Verständnis für die Wiedergabe des Körperlichen zeigt, abweichende
Motive auf.
In seinen Landschaftsradierungen führt uns Segers gelegentlich weite Flach-
landschaften vor, die deutlich den Charakter seiner holländischen Heimat bekunden.
Mehr als ein Dutzend Blätter dieser Art sind uns bekannt, sämtlich reich an Einzel-
heiten und von vedutenhafter Treue, aber meist sehr einheitlich und malerisch in
10
M7
durch Konvention gebundenen Landschaftsschule vom Ausgang des 16. Jahr-
hunderts groß wurde, empfindet doch vielfach schon so modern, daß er in seiner
Vorliebe für farbige Drucke, die er bald in einem einzigen Tone, bald in mehreren
Tönen druckte und dann hinterher noch stellenweise mit Farbe überging, als Vor-
läufer unserer modernsten Farbenradierer erscheint. Diese Radierungen gehören
zu den größten Seltenheiten. Es gibt nur ein ziemlich vollständiges Werk der-
selben, das eben genannte im Kupferstichkabinett des Rijksmuseum zu Amster-
dam. Außerdem finden sich im Printroom des British Museum, im Dresdener und
Berliner Kabinett, in der Albertina zu Wien und in der Sammlung des Königs Fried-
rich August II. zu Dresden je etwa zehn bis zwanzig dieser Blätter, nur einige wenige
in anderen Sammlungen. Die Internationale Chalkographische Gesellschaft hat eine
Ausgabe von trefflichen farbigen Nachbildungen des ganzen Werkes herausgegeben.
Die Motive sind fast nur landschaftlicher Art, und zwar sind es Landschaften
ohne Figuren oder doch mit ganz untergeordneter Staffage. Die wenigen Ausnahmen
bestätigen die Regel: Segers war Landschaftsmaler. Die „Beweinung unter dem
Kreuz", das einzige figürliche und zwar rein figürliche Blatt des Meisters,
ist eine beinahe treue, im Gegensinn angefertigte Kopie nach dem be-
kannten Holzschnitt Hans Baidungs. Die Übertragung in eine persönliche
Auffassung beweist zwar, daß der Künstler die Wiedergabe der menschlichen
Formen beherrschte, aber er hält 'sich doch so eng an den älteren deut-
schen Meister, dessen herbe Auffassung ihm verwandt war und dessen Technik
ihn besonders interessierte, daß wir daraus wohl schließen dürfen, er habe
sich im allgemeinen von eigenen figürlichen Kompositionen ferngehalten. Auch
ist die Behandlung des Fleisches und der Gewandung fast die gleiche wie die seiner
Felsen und des Steinbodens: voller Furchen, zerrissen und zerfressen, sehr wenig
fleischig, und darin sehr abweichend von Baidungs Vorbild. Es kommt ihm be-
sonders auf die Farbenwirkung, auf die Tonwerte an, durch die er aus der schwarzen
Zeichnung mit wenigen Tönen ein farbiges Bild gemacht hat. Daß er gelegentlich
auch Figürliches gemalt haben kann, ist deshalb nicht ausgeschlossen. Das Ma-
donnenbild („een lieve vrouwtje met een kinnetje in den arm lesende in een boek"),
welches in einer Versteigerung im Haag 1662 ausdrücklich als ein Werk des Her-
cules Segers bezeichnet wird, möchte ich nicht, wie Bredius, für ein Werk des Ant-
werpener Gerard Seghers halten, um so weniger, als auch in einem Verzeichnis der
Gemälde des Amsterdamer Kunsthändlers Johannes de Renialme 1655 mitten unter
Segers' Landschaftsbildern ein „Mariabeelt van Segers" (taxiert auf 150 Gulden)
vorkommt. In den Versteigerungen finden wir mehrfach ein Gemälde mit einem
Totenkopf, ein Motiv, das er auf Bestellung eines Arztes gemalt zu haben scheint.
Sonst weisen nur noch zwei urkundlich genannte Stilleben und eine Pferdestudie,
die gleichfalls sein Verständnis für die Wiedergabe des Körperlichen zeigt, abweichende
Motive auf.
In seinen Landschaftsradierungen führt uns Segers gelegentlich weite Flach-
landschaften vor, die deutlich den Charakter seiner holländischen Heimat bekunden.
Mehr als ein Dutzend Blätter dieser Art sind uns bekannt, sämtlich reich an Einzel-
heiten und von vedutenhafter Treue, aber meist sehr einheitlich und malerisch in
10
M7