JAN VAN GOYEN und SALOMON VAN RUYSDAEL
Segers war mit seiner höchst persönlichen landschaftlichen Empfindung seiner
Zeit zu sehr voraus, um auf seine Zeitgenossen nachhaltig zu wirken oder
gar Schule zu machen. Neben ihm war fast gleichzeitig in größeren und kleineren
Städten Hollands eine ganze Generation junger Landschafter groß geworden,
welche in schlichter Wiedergabe der heimischen Landschaft dem Geschmack ihrer
Landsleute entgegenkamen, ohne besondere Ansprüche an ihr Kunstverständnis
zu machen. Die Liebe zur Heimat, der Stolz auf den vom Feinde befreiten Boden
weckte in den Künstlern die Lust, dieses ihr Land in aller Einfachheit gerade so
wiederzugeben, wie sie es vor sich sahen, kleine Ausschnitte aus der Natur zu wählen,
wie sie sich zu den verschiedenen Jahreszeiten mit wechselnder Staffage von Land-
leuten, Fischern und Verkäufern darstellten. Sie wurden nicht müde, solche Motive
aus ihrer nächsten Umgebung in Bildern festzuhalten, die anspruchslos im Format
wie in der Auffassung und Malerei waren und wenig kosteten, sodaß sie selbst der
kleine Mann kaufen konnte, dessen Stolz und Freude sie waren. An. ihn gerade
wendeten sich die Künstler, wie sie selbst aus dem Kleinbürgerstande hervorgegangen
waren, recht eigentliche Volksmaler ohne besondere Kunstbildung und ohne Stellung;
denn die Vornehmen und Gebildeten hielten es noch mit der fremden Kunst, wie mit
den Akademikern und Italienfahrern unter den holländischen Malern. • In der Schar
dieser Maler, die nach Art der alten niederländischen Miniatoren und Illustratoren
bieder und treu Bilderchen kolorierten, hebt sich bald die Gestalt eines Künstlers
bedeutsam heraus, der mit der Zeit nach Umfang und Bedeutung seiner Arbeiten
zum leitenden Meister dieser Richtung wird, und sie erst zu voller künstlerischer Fein-
heit und Eigenart entwickelt: Jan van Goyen.
Auch von dem Menschen Goyen erhalten wir ein lebendigeres Bild als von den
anderen Künstlern gleicher Richtung; er erscheint als eigenartige und doch fast
typische Figur seiner Zeit. Houbrakens ausführlicher Bericht und eine Reihe von
Urkunden, welche in neuerer Zeit gefunden sind, geben eine klare Anschauung von
seinem Leben und Charakter. Jan van Goyen, in Leiden am 13. Januar 1596 geboren,
war ein erfinderischer Kopf, der voller Phantasie steckte; er war rührig und fleißig,
aber unruhig und unbeständig. Schon als junger Schüler wechselt er rasch seine
Lehrer, deren fünf namhaft gemacht werden. Dann geht er mit neunzehn Jahren auf
Reisen, um im folgenden Jahre noch einmal in Haarlem zu einem Meister in die Lehre
zu gehen, zu Esaias van de Velde. Bald darauf ist er wieder in Leiden, wo er schon
im Alter von zweiundzwanzig Jahren heiratet. Im Jahre 1631 verläßt er seine Vater-
stadt und lebt seit 1634 dauernd im Haag. Hier erhält er größere Aufträge von der
Stadt wie vom Hof und entfaltet eine außerordentliche Tätigkeit; Gemälde und
ausgeführte Zeichnungen, meist zu Albumblättern bestimmt, sind noch jetzt aus
diesen Jahren zu Hunderten erhalten. Aber dem rastlosen Manne genügt diese
künstlerische Tätigkeit nicht: er fängt einen Bilderhandel an und veranstaltet Bilder-
auktionen; die Leidenschaft zum Spiel treibt ihn auch zur Spekulation in Tulpen-
zwiebeln, die er bis zu 60 Gulden das Stück bezahlte; und schließlich war er Grund-
stücks- und Häuserspekulant. Die Urkunden verraten uns, daß er gleichzeitig ver-
schiedene Häuser besitzt, vermietet (eines derselben bewohnte der junge Paulus
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Segers war mit seiner höchst persönlichen landschaftlichen Empfindung seiner
Zeit zu sehr voraus, um auf seine Zeitgenossen nachhaltig zu wirken oder
gar Schule zu machen. Neben ihm war fast gleichzeitig in größeren und kleineren
Städten Hollands eine ganze Generation junger Landschafter groß geworden,
welche in schlichter Wiedergabe der heimischen Landschaft dem Geschmack ihrer
Landsleute entgegenkamen, ohne besondere Ansprüche an ihr Kunstverständnis
zu machen. Die Liebe zur Heimat, der Stolz auf den vom Feinde befreiten Boden
weckte in den Künstlern die Lust, dieses ihr Land in aller Einfachheit gerade so
wiederzugeben, wie sie es vor sich sahen, kleine Ausschnitte aus der Natur zu wählen,
wie sie sich zu den verschiedenen Jahreszeiten mit wechselnder Staffage von Land-
leuten, Fischern und Verkäufern darstellten. Sie wurden nicht müde, solche Motive
aus ihrer nächsten Umgebung in Bildern festzuhalten, die anspruchslos im Format
wie in der Auffassung und Malerei waren und wenig kosteten, sodaß sie selbst der
kleine Mann kaufen konnte, dessen Stolz und Freude sie waren. An. ihn gerade
wendeten sich die Künstler, wie sie selbst aus dem Kleinbürgerstande hervorgegangen
waren, recht eigentliche Volksmaler ohne besondere Kunstbildung und ohne Stellung;
denn die Vornehmen und Gebildeten hielten es noch mit der fremden Kunst, wie mit
den Akademikern und Italienfahrern unter den holländischen Malern. • In der Schar
dieser Maler, die nach Art der alten niederländischen Miniatoren und Illustratoren
bieder und treu Bilderchen kolorierten, hebt sich bald die Gestalt eines Künstlers
bedeutsam heraus, der mit der Zeit nach Umfang und Bedeutung seiner Arbeiten
zum leitenden Meister dieser Richtung wird, und sie erst zu voller künstlerischer Fein-
heit und Eigenart entwickelt: Jan van Goyen.
Auch von dem Menschen Goyen erhalten wir ein lebendigeres Bild als von den
anderen Künstlern gleicher Richtung; er erscheint als eigenartige und doch fast
typische Figur seiner Zeit. Houbrakens ausführlicher Bericht und eine Reihe von
Urkunden, welche in neuerer Zeit gefunden sind, geben eine klare Anschauung von
seinem Leben und Charakter. Jan van Goyen, in Leiden am 13. Januar 1596 geboren,
war ein erfinderischer Kopf, der voller Phantasie steckte; er war rührig und fleißig,
aber unruhig und unbeständig. Schon als junger Schüler wechselt er rasch seine
Lehrer, deren fünf namhaft gemacht werden. Dann geht er mit neunzehn Jahren auf
Reisen, um im folgenden Jahre noch einmal in Haarlem zu einem Meister in die Lehre
zu gehen, zu Esaias van de Velde. Bald darauf ist er wieder in Leiden, wo er schon
im Alter von zweiundzwanzig Jahren heiratet. Im Jahre 1631 verläßt er seine Vater-
stadt und lebt seit 1634 dauernd im Haag. Hier erhält er größere Aufträge von der
Stadt wie vom Hof und entfaltet eine außerordentliche Tätigkeit; Gemälde und
ausgeführte Zeichnungen, meist zu Albumblättern bestimmt, sind noch jetzt aus
diesen Jahren zu Hunderten erhalten. Aber dem rastlosen Manne genügt diese
künstlerische Tätigkeit nicht: er fängt einen Bilderhandel an und veranstaltet Bilder-
auktionen; die Leidenschaft zum Spiel treibt ihn auch zur Spekulation in Tulpen-
zwiebeln, die er bis zu 60 Gulden das Stück bezahlte; und schließlich war er Grund-
stücks- und Häuserspekulant. Die Urkunden verraten uns, daß er gleichzeitig ver-
schiedene Häuser besitzt, vermietet (eines derselben bewohnte der junge Paulus
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