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Bode, Wilhelm
Die Meister der holländischen und vlämischen Malerschulen — Leipzig, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.15571#0373
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Selbstbildnis

München, Alte Pinakothek

ANTON VAN DYCK

ANTON VAN DYCK

Rubens und van Dyck, das leuchtende Doppelgestirn am vlämischen Kunst-
himmel, die Landsleute waren, aus ähnlichen Verhältnissen hervorgingen, in
der gleichen Atmosphäre groß wurden und die gleichen fürstlichen Gönner hatten,
sind doch in ihrem Charakter und ihrer Lebensführung ebenso, wie in ihrer Kunst
wesentlich verschieden. Rubens' großer, vielseitiger und harmonischer Gestalt, einer
Erscheinung von fast antiker Größe nach Anlage und Erziehung, steht van Dyck als
einseitige, erregbare und empfindsame, als eigenwillige und zugleich abhängige Natur
gegenüber, ein Romantiker fast im modernen Sinne, Lord Byron unter den Dichtern
vergleichbar. Wie sein Lehrer von Jugend auf mit Ehren und Glücksgütern über-
häuft, war er doch weder geliebt wie dieser noch durch seine Erfolge befriedigt in
seinem Beruf. „Der Schüler mit seiner schwachen Körpergestalt und seinem unruhigen
Geiste (so kennzeichnet Max Rooses die beiden Künstler) schweifte immer weiter,
aber erreichte niemals jenes Ziel, in welchem er Befriedigung und Übereinstimmung
der Form mit seiner Idee gefunden hätte. Der Lehrer, an Seele und Körper gleich
gesund, schaute in der Ruhe seiner Macht mit unbeirrter Zufriedenheit sein glänzend
und vollkommen zum Ausdruck gebrachtes Ideal und herrschte wie ein überall
gefeierter Fürst auf dem Gebiete der Künste." In diesen Worten ist zugleich der
Charakter der Kunst und der künstlerischen Entwickelung beider Meister gekenn-

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