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stück derselben und in entsprechendem Rahmen—das Initium. Diebeidenlncipit-Seitenimmermitmehreren
Zeilen kleiner Rankeninitialen, die Initium-Seite immer mit einem sehr großen Zierbuchstaben, alle drei in
reichen, oft komplizierten und stets mit figürlichem Schmuck versehenen Rahmen.

Dem so gegebenen starken Einschnitt geht als Auftakt — wie der Prolog dem Text — eine leichtere
Betonung des Beginns des jeweihgen Arguments voran. Sie besteht regelmäßig in zwei einander gegenüber-
gestellten Zierseiten. Die erste derselben enthält in ziemlich einfach ornamentiertem Rahmen auf glattem
farbigem Mittelfeld in unverzierten Kapitalen das Incipit. Die zweite zeigt das erste Wort des Arguments,
d. h. den Namen des Evangehsten, in mittelgroßen Rankeninitialen in zwei bis drei Zeilen angeordnet,
also eine deuthche Steigerung gegenüber der Incipit-Seite, trotzdem die Ornamentierung des Rahmens
nicht reicher ist. Verstärkt wird der durch diese beiden Schmuckseiten gegebene Einschnitt durch das
Exphcit des vorhergehenden Evangeliums. Es ist je nach dem zur Verfügung stehenden Raum als ganze Seite
oder nur als Kolumne ausgestaltet, im Grad der Ausstattung entspricht es der Incipit-Seite der Argumente.

Schließlich erfolgt zwischen Vorrede und Evangelium noch einmal eine allerdings schwächere Cäsur bei
den Kapiteln. Der Anfang derselben ist jedesmal auf eine mit einer Rankeninitiale beginnende Zierkolumne
geschrieben. Außerdem aber bringen Marcus, Lucas und Johannes ein Explicit des Arguments und ein
Incipit der Capitula. Bei Marcus sind beides vollständige Zierseiten, bei Lucas das Explicit Zierkolumne,
das Incipit Zierseite, Johannes steht beide als Zierkolumnen auf eine Seite nebeneinander. Die Aus-
gestaltung ist also hier — das einzige Mal in dem Codex — nicht einheitlich, aber von Marcus abge-
sehen 1) ist die Ausschmückung dieser Zierstücke zu Beginn der Capitula bescheidener als die der Ar-
gumente, so daß die geringere Bedeutung der ersteren hervortritt.

Bei der so gegebenen Gliederung kann sich die Ausstattung der einzelnen Evangelien darauf beschränken,
eine leichte Orientierung dadurch zu gewährleisten, daß jede Perikope mit einer Rankeninitiale beginnt
und die Lesungen zu Hauptfesttagen durch eine größere Initiale auf farbigem Zierfeld herausgehoben
werden. Dagegen ist bei der bildlichen Ulustration ein bestimmtes gliederndes Prinzip nicht zu erkennen.
Sie befolgt das sog. anatolische System, d. h. gibt keinen geschlossenen Zyklus in der zeitlichen Folge
der Ereignisse, sondern fügt ohne Rücksicht auf die letztere und sogar ohne Rücksicht auf Wieder-
holungen — Abendmahl und Speisung der 5000 kommen zweimal vor — die Szenen da ein, wo sie der
Text erzählt. Für die Auswahl ist einmal natürlich das Bestreben maßgebend, die Ereignisse der Haupt-
feste darzustellen, daneben aber scheinen die vorhandenen Vorlagen sehr bestimmend gewesen zu sein,
auch dafür, ob das Bild die ganze Seite oder nur einen Teil derselben einnimmt. In letzterem Fall steht
es immer am Anfang oder Ende des Textes.

Die Anzahl der Illustrationen ist in den verschiedenen Evangelien nicht dieselbe, Matthäus hat ein
ganzseitiges und sechzehn kleinere Bilder, Marcus zwei ganzseitige und neun kleinere, Lucas ebenso zwei
ganzseitige aber elf kleinere, Johannes nur ein ganzseitiges und acht kleinere. Im ganzen setzt sich die
Ausstattung folgendermaßen zusammen:

Nach dem Spiegel des Vorderdeckels und einem nicht gezählten leeren Pergamcntschutzblatt, das offenbar erst bei der Neu-
bindung saec. XVII dazugekommen ist, folgen

Abb.3. Fol. x der Titel (saec. XVII), von dem S. 13 f. die Rede war. Schwarze Federzeichnung, der Grund in ungeschickter

Anlehnung an die Purpurseiten der Handschrift mit hellem Blutrot dünn koloriert.

Abb. 4 u. 5. Fol. 1' und 2 zwei gleiche Purpurzierseiten mit einem über beide Seiten gehenden Ornament aus gegenständigen goldenen
Löwen und Rosetten.

Abb. 6. Fol. 2'. Der segnende Christus in der Mandorla, auf der Himmelskugel thronend. Zu seinen Füßen knien anbetend
CVONRADVS IMP(erator) 2) und GISELA IMPERAT(rix). Über dem Wolkenrand Scharen anbetender Engel, in
den Rahmenmitten Medaillons mit den Symbolen der vier Evangelisten. Die Rahmeninschrift gibt das Gebet des Kaiser-
paares als den Kernpunkt des ganzen Bildes:

+ ANTE TWM WLTVM MEA DEFLEO CRIMINA MVLTVM.

DA VENIAM MEREAR CVIVS SVM MVNERE CAESAR.

PECTORE CVM MVNDO REGINA PRECAMINA FVNDO.

AETERNAE PACIS ET PROPTER GAVDIA LVCIS').

x) Hier stehen diese Zierseiten auf derselben Ausstattungsstufe wie die Incipit-Seiten der Argumente.

2) Die Kürzungen werden im folgenden wie hier stets durch kleine Buchstaben in runden Klammern aufgelöst, verlöschte Teile der Inschriften dagegen durch Versalien in eckigen

Klammern angegeben.

3) Schramm, Deutsche Kaiser und Könige weist S. 205 darauf hin, daß diese und die korrespondierende Inschrift der nächsten Seite nach Abfassungszeit, Versmaß und

Wortschatz den Versen des Hofkaplans Wipo nahestehen (Mon. Germ. Script. in usum scholarum I9I5 3)-

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