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ein dem Matthäus-Incipit sehr ähuliches Bild die Anregung zu den Echternacher Seiten mit der vonzwei
Engeln gehaltenen Schrifttafel gegeben hat, von der die genannten Varianten ihren Ausgang genommen
haben werden. Auch in der Echternacher Einflußsphäre begegnet dies Motiv (Sakramentar aus Stablo
ba Chester Beatty und Fulda Aa 44), während ich es in Trier nicht belegen kann.

Eine andere Echternacher Eigentümlichkeit sind die Zierseiten, die ganz offensichtlich orientalische
Gewebe nachahmen und dte sich vom Gothanus an bis ins 12. Jahrhundert in Echtemach mit derselben
Zähigkeit halten wie das Motiv der Inschriftträger. Daß es sich dabei um einen ganz engen Zusammenhang
nut Textilien handelt, ist längst erkannt. Falke') stelit das Muster der beiden Zierseiten des Escorialensis
(Abb. 36 und 37) sehr überzeugend neben einen westislamischen Stoff des n. Jahrhunderts, der ebenfalls
von der Seite gesehene Vögei und symmetrische Bäume mit runden Kronen bringt - aus Ietzteren ließen
sich sowoU ^ Bäume mit der S toB» runden bekrönenden Blüte als die auf einen Fuß gestellten runden
Soheiben der Zierseiten verstehen. Für die gegenständigen gereihten Löwen, ein Motiv dieser Gewebe-
imitationem das sowohl in Gotha als in Bremen und im Escorialensis vorkommt, kann man byzantinische
Sto e eranzie en). Die Rosetten, die im Escorialensis mit diesen Löwen alternieren, findet man in
anderem Zusammenhang auf Taf. 56b bei Lessing. Für eine der Stoffseiten des Gothanus zieht Falke (1. c.
Abb. 101 “ nd I02) e‘ nen Persischen Stoff in Woifenbüttel heran, eine andere desselben Codex kann man
neben die Abb. 171 S. 24 bei Falke stellen (Byzanz saec. XI), wo sowohl die Reihung großer Kreise mit
Tieren als die Rosettenform der Zwickelfüllungen mit dem in die Zwickel ausstrahlenden Blattwerk sehr
verwandt sind. Indessen zeigt sich gerade in dem ganz unbyzantinischen Blatt und Rankenwerk dieser
Zierseite m Gotha daß hier einheimische Formen in die ftemde Komposition eindringen. Außer diesen
Imitationen onentahscher Prunkgewebe gibt es aber im Escorialensis auch noch eine andere Art von
Ornamenten, die letzten Endes ebenfalls von östhchen Stoffen abzustammen scheinen. Es sind die klein-
teiligen anspruchslosen Muster mit Kreuzen, Hakenkreuzen, Rosetten, Punkten, kleinen Rauten, die wir
als Felderfullung auf Abb. 67 und 97 sehen, auch die regelmäßig gerauteten Flächen, oft mit einem Stern
in jeder Raute ( . 8—11, 17, 39); die Kreis- und Punktmuster (Abb. 156), selbst die kleinen Blüten und

Kreuze lm a en von Abb. 66, die Mäander- und Punktlinien (Abb. 95) gehören wohl in diesen Kreis.
Falke weist ausdruckhch darauf hin, daß neben den Stoffen mit großen und figürhchen Motiven Stoffe
»von sc IC ter, se bst unscheinbarer Musterung« in Byzanz vielfach getragen und gebraucht wurden. »Es
sind vornehmlich vielgestaltige Rosetten, Steme, Kreuze und ähnhche Zentralmotive in einem Netz von
Rauten, reisen oder Vielecken.« Die Abb. 199-203, die Falke 1. c. als Beleg dafür gibt, haben zweifellos
Verwandtschaft mit den genannten Motiven des Escorialensis, noch mehr gilt das von ostasiatischen
Stoffen, die von yzantmischen Geweben abzustammen scheinen (Falkel.c. Abb. 85, 86, 88). Imitationen
von onentalischen Stoffen finden wir auch in anderen noch dem 10. Jahrhundert entstammenden deutschen
Buchmalereien (Evangehar aus Quedlinburg in der Pierpont Morgan Library oder Goldschmidt, Deutsche
Buchmalerei I 84), indessen stehen die Echternacher Stoffseiten in keiner direkten Verbindung mit ihnen
vielmehr halten sie sich zunächst so eng an die orientalischen Gewebe, daß man ohne die Annahme
direkter Benutzung von solchen nicht auskommt. Die Verbindung mit Theophanu und Otto III., von der
wir i a im Deckel des Gothanns auch °in künstlerisches Denkmal besitzen, erklärt es zur Genüge, daß gerade
in Echternach solche Stoffe zur Hand waren

Die Ubereinstimmung der Imtialen und ihrer Ziermotive im Escorialensis mit solchen früherer Echter-
nacher Handschrxften 1m emzelnen zu erörtern, ist angesichts der Abbildungen überflüssig. Ebensowenig
bedarf die Ablextung dieser Formen aus Trier einer Erläuterung (vgl. Abb. 13, 169 und Goldschmidt,
Buchmalerei II Ta . 49 a). Dagegen ist es schwierig, weiter zurückgehend über die Abstammung dieser
Trierer Formen Endgultiges zu sagen; ein sicheres Urteil kann hier erst auf Grund einer genauen Unter-

9 Kunstgeschichte der Seidenweberei, z.Aufl. Berlin 1921 Abb 130/131
X—XI) UHUS LCSSing5 016 GeWebeSammlung des Ber1-« Kunstgewerbemuseums, Berlin i9oofF. Taf. 62-66 (saec. X) und 49a (saec.

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