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10 I. Zeitstollung der Panathonäen. Gottesdiensfcliohe und profane Feier.

und eine rein weltliche oder profane Feier: letztere folgt immer nach Be-
gehung der ersteren. Die kirchliche Feier mit ihren Opfersacra und dogma-
tischen Hierurgieen, ganz so wie dieselben bei der Stiftung eingesetzt sind,
bleibt in jedem Jahre traditionell die gleiche: weder fällt einer von diesen
Bräuchen hinweg, noch tritt ein neuer hinzu; die weltliche Feier dagegen,
welche die agonalen Spiele umfasst, erscheint je nach Umständen beliebig
erweitert oder eingeschränkt. An der kirchlichen Begehung nehmen bloss
Personen Theil welche zur Tempelgemeinde der Athena-Polias gehören, an
der weltlichen Feier ist die Anthcilnahme auch Fremden gestattet. Bei der
steten Wiederholung dieses Tcmpelstiftungsfestes alle Jahre, mit der gleichen
kirchlichen Begehung und denselben weltlichen Spielen, mussten je im vierten
Jahre ausser diesen beiden Akten noch Vorgänge ganz abweichender Natur
hinzutreten, durch welche diese Feier eben den Namen grosse Panathenäen
empfangen konnte. Dies sind in der That Zusätze rein politischer Tendenz,
die jedoch eine so vorwiegende und tonangebende Stellung einnahmen, dass
sie der Penteteris, indem sie dieselbe zum Epochenjahre der Staatsverwaltung
insbesondere für die finanzielle Seite erheben, den Charakter eines ganz be-
sonderen Festes aufprägen. Nach den Quellen geschichtlicher Zeit erfolgte
in derselben die Wahl des Finanzschatzmeisters, die Zusammenstellung aller
Rechenschaftsberichte der jährlichen Schatzmeister über die Kleinodien und
den sonstigen Besitz des Staatsschatzes (vgl. Böckh, Staatsh. II, S. 221
flg.), die Wahl der Athlotheten für die ganze penteterisehe Periode, die Re-
gelung der Colonieverhältnisse mit den Archetheoren, die Bestimmung der
Tributhöhen, die Schliessung völkerrechtlicher Verträge und Bündnisse. Das
sind lauter politische Akte von welchen sich bei den jährlichen Panathenäen
nichts findet: selbst der glänzendste Vorgang an dieser grossen Pancgyris,
die Schauführung eines Peplos, war einer von den nichtgottesdienstlichen
Zusätzen welche dem kleinen Feste fremd sind.

Versteht die Mythologie unter Genesis einer Gottheit den Moment wo
die im Bewusstsein eines Geschlechtes geborne Vorstellung ihres individuellen
Wesens und ihrer Machtsphäre, unter irgend welcher analogen Bildform zum
ersten Male in die äussere Erscheinung tritt und dann mit entsprechenden
Opferehren begrüsst wird, so bezeichnet dieser Moment ihrer Epiphanie,
den Tag ihrer Geburt, diese Opferstiftung, die Einsetzung ihres Cultus
oder die Feier ihrer Genethlia. Die Geburts-Feier der Athena, "(ovai oder
•ysvsiRia xtj? 'Aöyjväc [Suid. 'Av!>scüv. Athen. 3. 98 b: vgl. 4. 149 d
fsvEÖXict der Hestia Prytanitis] für Attika, fiel auf den Tag an welchem ihre
durch Helios verkündete Epiphanie (Pind. Ol. VII, 62 flg. Diodor. 5, 56)
vom Kekrops mit dem ersten Feueropfer begrüsst und hiermit ihr Cultus
eingesetzt ward. Es fallen so Genesis und Epiphanie für Attika in einen
Begriff zusammen, wie denn auch bei Philostratos [Imagg. 2, 27] die bereits
geborne Athena welche Zeus mit Stolz betrachtet, erst zu Rhodos erscheint,
dann aber durch das vollkommnere Opfer der Athener auf der Akropolis,
 
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