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Bötticher, Carl
Der Zophorus am Parthenon: hinsichtlich der Streitfrage über seinen Inhalt und dessen Beziehung auf dieses Gebäude — Berlin, 1875

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https://doi.org/10.11588/diglit.4096#0041
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38 V. Thcoronaufzug.

V. Theorenaufzug.

Wie der Mangel des Festschiffcs im Zophorus die Peplosprocession, so
verneinte die Erscheinung von Schafen in demselben auch den Zug der
Opferhekatombe nach den Altären der Athena-Polias-Nike. Hätte das
Cultusdogma zugleich Schafe für dieses Tempclopfer bedingt, dann würden
sie im Festdecrete zum Ankauf notirt sein, dies enthält jedoch bloss Kühe,
welche auch die weiter angezogenen Urkunden für dasselbe Panathenäenopfer
bezeugen; noch einen zweiten heiligen Opferzug mit Kühen und Schafen
gemischt, erwähnt das Decrct nicht, Schafe sind also weder der Opfer-
hekatombe als weiterer Bestandteil angeschlossen gewesen, noch (S. 213)
mit dieser auf dem grossen Altar zum Tempelopfer geschlachtet. Man wird
gewiss einräumen dass der Bildner in die Darstellung dieses Zuges unmög-
lich Gegenstände aufnehmen konnte, welche so augenfällig gegen Cultus-
brauch und Opferritual dieses jedem Athener ganz bekannten Vorganges
verstiessen wie diese Thiere: eine solche der Ungereimtheit gleiche künstle-
rische Licenz wäre dem kundigen Beschauer gegenüber niemals zu wagen
gewesen. Hiernach fällt (S. 215) die entgegenstehende Behauptung es sei
in dem kurzen Opferzuge auf der Nordseite, I—IV, wegen der charakteristi-
scheti Vereinigung von Kühen und Schafen, die Quote der von den attischen
Kolonisten, Kleruchen und tributären Städten unentgeldlich zu liefernden
Thiere sammt den Theoren dargestellt, während der länger gedehnte an der
Südseite, XXXVTII—XLIV, die athenische Hekatombe wiedergebe. Nun weist
auch die Darstellung eine solche Scheidung der Einheitlichkeit dieses Thicr-
zuges mit seinen Geleitern zurükk: die künstlerische Intention, Anlage und
Verthcilung aller Scenen im ganzen Bildwerke zeigt, wie man beide Züge
nicht für Theile halten dürfte welche nach Inhalt und Bestand verschieden
sind, vielmehr der kürzere Zug auf der Nordscite mit dem längeren auf der
Südseite, nur einen und denselben Zug seinem Inhalte nach bildet. Das
Gleiche ist der Fall mit den zwei Halbchören der Mädchen auf der Ost-
fronte, den zwei Halbzügen der Reiter und den zwei halben Gruppen der
Gespanne an beiden Langseiten; von allen diesen vier Bestandteilen,
Mädchenchor, Theorenzug, Reiterei und Gespanne, bildet jeder unzweifelhaft
eine Einheit in sich, doch ist jeder ganz für sich ohne localen Zusammen-
hang mit dem anderen bestehend gedacht. Die verschiedenen Stätten auf-
weichen sich alle vier befinden, lassen in der Wirklichkeit eine Formation
derselben zu einem bereits geschlossenen einheitlichen Pompenzuge hier gar
nicht zu: der Mädchenchor befindet sich auf der Burg, aber die Thiere des
Theorenzuges wie die Reiter und Gespanne gelangten niemals dort hinauf.
Zudem ist bei den Gespannen die Trennung von der Reiterei klar: die Wa-
gen müssen sich auf einer ganz anderen1 Stätte befinden, da ein jeder
augenfällig vom anderen unabhängig und für sich agirend dargestellt ist
[Verz. d. Bcrl. Abg, zu No. 408 — 451]. Wenn man (S. 209. 222) eine
 
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