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XV. Eupatriden Familien. gl

so geistlosen um nicht zu sagen albernen Uebung seine Kunst nicht ver-
wendet haben könne, bricht er den Stab darüber. Konnte der Ausleser
freilich zur Begründung dieses harten Urtheilspruches weder boweisliche
Schriftstükke in der Literatur, noch Zeugen in den menschlichen Personen
des Bildwerkes finden, so fällt er ihn (S. 207) — mit Hülfe seiner Götter,
und die Götter selbst bemühen sich vom Olymp herab um diese
curiosen Exercitien, wo auch die Opferthiere sich im Marschiren üben
müssen, anzusehen. Wohl! Aber, kann gefragt werden, ob es denn nicht
ganz dieselben Götter sind die man sich hat vom Olymp herab bemühen
lassen, um nicht allein das Marschiren des kürzeren Opferzuges der Theoren
mit seinen Kühen und Schafen unter Musikbegleitung, sondern noch
viel andere Curiosa anzusehen die unter ihren Augen hier vorsehen sollen?
Oder wofür anders will man das Ertheilen von Weisungen und letzten Wei-
sungen an leer gehende Mädchen und Kanephoren, das Abnehmen der Kana,
der Stühle mit Polsterkissen und des zusammengeschlagenen Peplos, das
Tragen von leeren Kännchen Speiseschalen und Bratspiessgestellen, in Gegen-
wart dieser Olympier halten?

XV. FAipatriden Familien.

Im Vorhergehenden sind die geräthetragenden Mädchen in ihrer DidaS-
kalie zu Pompeis, die beiden Centralgruppen als mit der Ausgabe gewisser
Inventarstükke des Schatzes beschäftigt, die Demarchen als Epimeleten des
Panathenäenfestes erkannt: es bliebe noch die Betrachtung der sitzenden Per-
sonen übrig welche als Eupatriden bezeichnet sind.

Indem bekanntlich die gangbare Deutung in diesen Sitzenden Gottheiten
und Heroen, in der Thätigkeit der Mittelgruppen heilige Verrichtungen an-
nahm, war es nur ein folgerechtes Bemühen auch den Namen einer jeden
Gottheit, wie den betreffenden Sinn jener Verrichtungen zu bestimmen: iii
welchem enormen Maasse jedoch diese Bestimmungen von einander ab-
wichen hat Ms (S. 218. 219) durch ihre zeitliche Reihenfolge vor Augen ge-
stellt. Diese schwankenden Deutungen legen ein ganz unverhohlenes Zeug-
niss von der Thatsache ab, dass keine einzige von jenen sitzenden Gestalten
irgend ein speeifisches Merkmal an sich trage welches sie als eine der so
wechselnd vermutheten Gottwesen zweifellos kenntlich macht, vielmehr eine
jede in körperlicher Bildung und Antlitz, Kleidung und Haltung, so all-
gemein und unbestimmt ausgeprägt ist, dass jeder neue Ausleger auf eine andere
Gottheit in ihr rathen konnte als sein Vorgänger, ohne dafür einen sicherern
Beweis zu haben als letzterer. Unmöglich hätte eine solche Unklarheit der
Deutungen Kaum gewinnen können, wenn nicht zugleich noch andere In-
dicien mangelten welche entscheidende Gewähr für das Vorhandensein gött-
licher Wesen böten: nehmlich die eigenschaftlichen Attribute. Denn während
sonst überall der hellenische Kunstbrauch die Eigenschaft einer Gottheit,




 
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