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Bötticher, Carl
Der Zophorus am Parthenon: hinsichtlich der Streitfrage über seinen Inhalt und dessen Beziehung auf dieses Gebäude — Berlin, 1875

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https://doi.org/10.11588/diglit.4096#0113
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110 XV. Eupntriden Familien. — Eros.

wenig für ein specifisches Attribut des Eros ausgeben wollen als das
Stirnband, welches eine ziemlich abnorme Erscheinung an demselben wäre.
Des Stirnbandes und der Chlamys wegen ist in dem Knaben auf einem athe-
nischen Herdknaben gedeutet [Abg. No. 378 u. No. 125]: ob sich das so
verhalte oder nicht, ist hier nicht zu erörtern. Ferner ist ihm statt des
ßogens ein Sonnenschirm in die linke Hand gegeben, der unmöglich diesen
Gott in dem Falle bezeichnen kann wo alle übrigen Embleme ihm fehlen
wie hier. Das Natürlichste wäre freilich den Gebrauch des Schirmes auf
das Weib zu beziehen, auch den Knaben für den Sohn zu halten welcher
ihn der Mutter abgenommen hat [Abg. No. 378 u. 379]: dies wird indess
sehr bestimmt und mit der seltsamen Erklärung abgewiesen, der Schirm
dient vielmehr zum Schutze der eignen näkkten jugendlichen Gestalt gegen die
Sonnengluth des Hochsommers, in ivelchen die Panathenäen fielen (daher auch
Athena seihst den Schirm erfunden haben sollte). Es sieht das wieder mehr
einem Lukianischem Scherze als einem Gedanken des Phidias ähnlich, den
idealen Gott einen Schirm aus dem Olympos zu den Panathenäen nach Athen
mitnehmen zu lassen, damit er gleich einem verzärtelten Muttersöhnchen von
menschlichem Fleisch und Bein, seine himmlischen Glieder vor der Sonne
des Hekatombaion schützen könne. Die Glosse dass Athena selbst den Schirm
erfunden haben sollte, beweist hier nichts: ein mächtiger Sonnenschirm spielt
nur eine symbolische Rolle im Cultus der Athena bei den Skirophoria
im Skirophorion, wo er vom Priester des Poseidon-Erechtheus getragen wird
[Piniol. XXII. Bd. 2, S. 238 — 262]. Argumente solcher Art wandeln den
Knaben nicht in jenen Gott um: nach Abstreifung seiner Flügel wird er
wieder ein leibhaftiges athenisches Menschenkind werden was er vorher ge-
wesen ist. Das wirkt nothwendig auf Fände mos- Aphrodite und Peitho zurÜkk
und macht sie zu athenischen Weibern, gleich wie Zeus und Hera mit
ihrer entgöttlichten Nike der Menschwerdung unterliegen: mit diesen aber
werden auch die noch übrigen Gottheiten den olympischen Nimbus verlieren
welcher ihnen schon vom Dogma und urkundlich vom Festdecrete vorent-
halten wurde.

Unter allen Sitzenden ist es nur möglich zwei Personen zu sichern, den
Athlotheten und den Archon-Basileus, weil beide die einzigen sind welche
Attribute von Beamten führen: das ist aber genügend um die Uebrigen sämint-
lich als athenische Eingeborene zu bezeugen. Deshalb wäre es ein verge-
benes Bemühen, auch für die Sache völlig gleichgültig, die Eigenschaft oder
den Stand einer jeden dieser Personen ermitteln zu wollen, nachdem ihre Ge-
sammtheit mit dem ganzen inhaltlichen Verhältnisse des Zophorus erkannt
ist von dem gleich meine erste Deutung ausging. Bezüglich der Lang-
seiten ist alles was sich nach der Untersuchung der Originale des Britischen
Museums, in dem Verzeichniss der Abgüsse des Berliner Museums theils
erweitern theils berichtigen Hess, jetzt hier im Vorhergehenden wie im Fol-
genden gegeben.
 
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