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120 XVI. Zu den Aetoi.

gewesene Terracottabildwerk das zu dieser richtigeren Auslegung führte, ist
vor ungefähr einem Jahre zu Athen durch E. Curtius für das Berliner Mu-
seum erworben und in der archäologischen Zeitung 1874 publicirt: Kekrops,
mit dem Zweige des heiligen Oelbaumes in der Hand ist hier bei der Geburt
des Erichthonios gegenwärtig, jedoch bereits schlangenbeinig, als verstor-
bener Heros-Eponymos seiner Phyle, Gea hebt aus dem Schoose ihres Ele-
mentes den Knaben Erichthonios ans Licht empor und reicht ihn der Athena.
So bestärkt auch das Relief den Unterschied der Zeitstellung welche die Cultus-
legende zwischen dem Götterstreite und dieser Geburt setzte: denn wenn
Kekrops bei ersterem als lebender Zeuge genannt, bei letzterer aber von der
Kunstbildnerei als Diphyes dargestellt wird, musste dieses Ereigniss im Dogma
als später eingetreten bestimmt sein. Dieselbe Terracotta wirft noch ein
Licht auf ein streitiges topographisches Verhältniss. Der Ort wo Erich-
thonios von Gea empfangen und geboren wird, ist das Hephaisteion unten
in der Stadt Athen, welches im Quartier der Metallschmiede und Erzgiesser
auf Kolonos Agoraios lag [Philol. Suppl. III. 4. S. 376 flg. Bekk. Anecd.
316,23. Vgl. Andoc. de myster. p. 21 (97): Isocrat. Trapez. 9]: indem nun
Kekrops als Personifikation seiner Phyle und deren Stätte, bei dieser Ge-
burt im Hephaisteion zugegen ist, kann dieses Heiligthum nur im alten Be-
reich der Phyle Kekropis bestanden haben*).

Die beiden Füsse auf der Plinthe [Abg. No. 480 A] erkannte ich als diesem
Torso angehörend, den Baumstumpf zwischen ihnen als Rest des Oelbaumes
dessen hohe Krone einst den Raum zwischen dem Kopfe des Heros und den
Rossen gefüllt habe. Ms sieht dagegen (S. 194) den Hermes hier, weil die
Füsse mit Lederschuhen bekleidet wären, er lässt auch den Oelbaumstumpf nicht
als solchen gelten: beide Füsse sollen (S. 195) gar nicht zu jenem Torso,
überhaupt zu keiner männlichen Figur gehören, vielmehr auf ein kurz beklei-
detes Weib hinweisen; doch wird in den nachträglich angehängten Berich-
tigungen (S. 364) wenigstens für die Füsse meine Annahme als richtig zu-
gegeben. Dass die nur in der Masse angegebenen Füsse übrigens nicht mit
Lederschuhen (S. 194) sondern mit blossen Sohlen bekleidet sind, beweist der
grosse Zehe am linkenFusse, der ganz bloss, frei und einzeln gesondert liegt:
kleine Hermesflügel an denselben sind nie vorhanden gewesen. Der Oelbaum-
stumpf misst jetzt noch 0,5t1" in der Höhe, 0,55m im Umfange, man erkennt
jedoch dass er früher weit dikker gewesen und bloss durch Absplitterung
bedeutend verdünnt ist. Ms entdekkt (S. 182 flg. Hilfstafel 2.) den Oelbaum
auf einer anderen Stelle, auch von so gewaltiger Höhe dass seine Krone bis
in die Spitze des Giebels sich erhob: er setzt denselben in das Centrum des



*) Dies stimmt meiner Annalimo gegen neuore Bohauptungon bei, dass Molito [Harpocrat.
Said. Phot. [icXiTTj], welches zur Phyle .Kekropis gehörte, nördlich und nicht südwestlich der
Burg zu suchen ist: denn Hophaistoion und Eurysakeion befanden sich auf jonom Kolonos
agoraios TiXirjafov ttj? dyopäs [Philol. a. a. 0. S. 405 Hg.], dieser Kolonos aber lag in Melito, folg-
lich auch in der Phyle Kekropis.
 
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