Schluss des XVIII. Jahrhunderts.
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gegen Ende des XVIII. Säculums immer reger sich gestaltende inter-
nationale Verkehr, und die engere Verknüpfung aller Welttheile durch
die seefahrenden Nationen. Auf den Südsee-Inseln und in Neu-Hol-
land erschienen die Blattern, kurze Zeit nach der Entdeckung Austra-
liens, in den 70ger und 80ger Jahren. Aber auch die Blattern-
impfung selbst, welche inzwischen überall, namentlich in Europa,
Boden gewonnen, hat ihren Antheil an der Verschleppung und Be-
festigung der Krankheit.
In den meisten grösseren Centren der Bevölkerung hlieben die Blat-
tern fortan endogen, und flammten alle 3, 5, 7 Jahre zu Epidemien auf.
Von 1774 bis 1801 wurde Schweden alle fünf bis sechs Jahre
von Epidemien durchzogen, welche innerhalb zwei bis drei Jahren
ihr Maximum zu erreichen, und in ebenso langer Zeit wieder zurück-
zugehen pflegten. In 18 von diesen 28 Jahren verlor es jährlich
auf die Million Einwohner mehr als 1000 Menschen an Blattern,
und zwar in 8 Jahren über 1000, in 5 über 2000, in 2 Uber 3000,
in 2 über 5000 und in 1 über 7000; nur in einem einzigen jener
28 Jahre (1786) wenig mehr als 300. Schweden wurde wiederholt
von Russland angesteckt, in dessen weitem Gebiet die Krankheit be-
ständig umherzog, und eine enorme Sterblichkeit unterhielt.
In der Mitte Deutschlands sah man Epidemien alle 5—6 Jahre
(Hufeland), in Weimar 1777, 1782 und, mit Jena zusammen, 1788.
1787 litt Erfurt sehr schwer. Berlin hatte 1770: 987 Todte, 19
Procent, 1786: 1077 Todte, 21 Procent aller Todesfälle, 1789: 911
Todte, oder 15 Procent. Die Städte Wolfenbüttel und Braunschweig
-blätterten das ganze Jahr 1787, in letzterem starben 372 Personen
(Hildebrandt1). — 1784 furchtbare Epidemie in Amsterdam, 1782,
1785 und 1789 in Kopenhagen: Island wurde zum letzten Male von
1785 —1787 heimgesucht, und brachte der Seuche den Tribut von
1425 Leichen u. s. w. Von jenseits des Meeres lauten die Nachrichten
spärlich, doch nicht weniger schrecklich, in Mexiko erlagen 1779 von
etwa 39,000 Erkrankten beinahe 9000.
Das letzte Decennium des Jahrhunderts sah die Blattern auf
dem Gipfel.
In Kopenhagen herrschten Epidemien während des ganzen Jahr-
zehnts, 1794 und 1797 die heftigsten seit den 60ger Jahren. In
London starben allein im J. 1796: 3549 Personen. Turin verlor in
der Epidemie 1796 —1797 ebenso viele Menschen, als gleichzeitig ge-
boren wurden; Prag im J. 1796: 6686, und im J. 1799: 17,587 Per-
1) Ueber Pocken. Braunschweig 1788.
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gegen Ende des XVIII. Säculums immer reger sich gestaltende inter-
nationale Verkehr, und die engere Verknüpfung aller Welttheile durch
die seefahrenden Nationen. Auf den Südsee-Inseln und in Neu-Hol-
land erschienen die Blattern, kurze Zeit nach der Entdeckung Austra-
liens, in den 70ger und 80ger Jahren. Aber auch die Blattern-
impfung selbst, welche inzwischen überall, namentlich in Europa,
Boden gewonnen, hat ihren Antheil an der Verschleppung und Be-
festigung der Krankheit.
In den meisten grösseren Centren der Bevölkerung hlieben die Blat-
tern fortan endogen, und flammten alle 3, 5, 7 Jahre zu Epidemien auf.
Von 1774 bis 1801 wurde Schweden alle fünf bis sechs Jahre
von Epidemien durchzogen, welche innerhalb zwei bis drei Jahren
ihr Maximum zu erreichen, und in ebenso langer Zeit wieder zurück-
zugehen pflegten. In 18 von diesen 28 Jahren verlor es jährlich
auf die Million Einwohner mehr als 1000 Menschen an Blattern,
und zwar in 8 Jahren über 1000, in 5 über 2000, in 2 Uber 3000,
in 2 über 5000 und in 1 über 7000; nur in einem einzigen jener
28 Jahre (1786) wenig mehr als 300. Schweden wurde wiederholt
von Russland angesteckt, in dessen weitem Gebiet die Krankheit be-
ständig umherzog, und eine enorme Sterblichkeit unterhielt.
In der Mitte Deutschlands sah man Epidemien alle 5—6 Jahre
(Hufeland), in Weimar 1777, 1782 und, mit Jena zusammen, 1788.
1787 litt Erfurt sehr schwer. Berlin hatte 1770: 987 Todte, 19
Procent, 1786: 1077 Todte, 21 Procent aller Todesfälle, 1789: 911
Todte, oder 15 Procent. Die Städte Wolfenbüttel und Braunschweig
-blätterten das ganze Jahr 1787, in letzterem starben 372 Personen
(Hildebrandt1). — 1784 furchtbare Epidemie in Amsterdam, 1782,
1785 und 1789 in Kopenhagen: Island wurde zum letzten Male von
1785 —1787 heimgesucht, und brachte der Seuche den Tribut von
1425 Leichen u. s. w. Von jenseits des Meeres lauten die Nachrichten
spärlich, doch nicht weniger schrecklich, in Mexiko erlagen 1779 von
etwa 39,000 Erkrankten beinahe 9000.
Das letzte Decennium des Jahrhunderts sah die Blattern auf
dem Gipfel.
In Kopenhagen herrschten Epidemien während des ganzen Jahr-
zehnts, 1794 und 1797 die heftigsten seit den 60ger Jahren. In
London starben allein im J. 1796: 3549 Personen. Turin verlor in
der Epidemie 1796 —1797 ebenso viele Menschen, als gleichzeitig ge-
boren wurden; Prag im J. 1796: 6686, und im J. 1799: 17,587 Per-
1) Ueber Pocken. Braunschweig 1788.