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Die Kuhlymphe, originäre Lymphe.

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(Heim, 1. c.) erzielten mit dem echten Stoffe ungewöhnlich kleine,
wenngleich regelmässige Pocken; Impfungen auf dem einen Arme
mit originärer, auf dem andern mit humanisirter Lymphe brachten
so Tollständig gleiche Gebilde hervor (Fehleisen, Bousquet),
dass Niemand irgend einen Unterschied zu entdecken im Stande war.
Dasselbe gilt von der febrilen Reaction und den allgemeinen Zu-
fällen bei der Verimpfung der originären Lymphe; sie schwanken
ausserordentlich, und manchmal ist nur ein beschleunigter Puls, ohne
jegliche sonstige Erscheinungen, zu bemerken.

Kurz, soll der genuinen Lymphe ein bestimmter Charakter zu-
erkannt werden, so wäre als solcher nur die absolute Unberechen-
barkeit des Erfolges, die langsamere Einwirkung und die stärkere
Irritation zu bezeichnen, welche sich an den Impfstellen bemerkbar
macht, und selbst dann, wenn keine Pocken nachfolgen, die Stich-
punkte in den ersten Tagen unverhältnissmässig stark entzündet er-
scheinen lässt.

Die originäre Lymphe erweist sich hiernach als
kein dankbarer Stoff in der Hand des Impfarztes.

Doch ist sie einer Mitigation fähig; wo sie spontan durch eine
Reihe von Kühen gegangen war, erschien sie (Ceely) in der Regel
immer milder bei den zuletzt, als bei den zuerst ergriffenen Exem-
plaren, und ebenso verlor sie bei der künstlichen Leitung durch
eine Anzahl von Thieren viel von ihrer Schärfe, und rief beim
Menschen eine mildere, aber ausreichend kräftige und charakteristische
Krankheit hervor. Die sogenannte animale Lymphe, welche seit
einem Decennium bei uns aufgekommen ist, und in grossem Umfange
cultivirt wird, repräsentirt eine solch künstlich gemilderte genuine
Lymphe, und erinnert durch manche Eigenschaften an ihre Quelle.

Bei der ferneren Propagation der Kuhlymphe beim Menschen ver-
schwinden allmählich die ihr bei der erstmaligen Uebertragung anhaf-
tenden Mängel, und sind in der dritten oder vierten Generation
vollständig überwunden: die örtliche Irritation hat dann ihre
Heftigkeit verloren, die Pocken zeigen eine gleichmässigere Grösse und
Ausbildung, und die Haftung der Lymphe erfolgt mit jener Sicher-
heit, welche wir von dem guten humanisirten Stoffe gewohnt sind.

Ob dem Cow-pox, im Vergleich mit der humanisirten Lymphe,
eine erhöhtere, und auf längere Zeit wirksame Schutzkraft gegen die
natürlichen Blattern eigen ist, diese Frage lässt sich mit Bestimmt-
heit nicht beantworten, und wird von Vielen, nur in theoretischer
Vorliebe, zu Gunsten des ersteren entschieden.
 
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