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Boisserée, Sulpiz
Sulpiz Boisserée (Band 1) — Stuttgart, 1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.1408#0886
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883

Manches ernste Gespräch wurde in diesen Abendstunden mit
dem alten Freunde Arndt geführt. Jmmer wohlthuend ivaren
die Besuche von Professor Hilgers, dessen Bekanntschaft Boisseroe
am ersten Krankenbette seines Bruders im Jahr 1846 gemacht,
und der seit dieser Zeit den Brüdern als Freund und Beichtvater
nahe stand.

Die Krankheit des Herzens entwickelte sich immer mehr, aber
zugleich auch die Ergebung und Glaubensfreudigkeit des geprüften
Kranken. Er hatte mit großer Entschiedenheit unsern Arzt ge-
beten, ihm keine betäubcnden Mittel zu geben; dennoch kam bei den
qualvollen Leiden kein ungeduldiges Wort über seine Lippen. Die
körperliche Pflege, besonders in den langen schlaflosen Nächten,
theilte mit mir ein treuer, vertrauter Diener, mit seltener
Ausdauer.

Als Boisseree sein Ende näher kommen sah, ließ er sich
noch cinmal die heiligen Sakramente reichen. Darauf nahm er
von den näheren Freunden mit großer Ruhe Abschied, ihnen fiir
die ihm geschenkte Liebe dankend, und gab den Auftrag: alle Be-
kannten und Freunde zu grüßen. Als er sich auch mit mir auf
das Scheiden vorbereitet hatte, sagte er mit sester Zuversicht:
„Laß uns noch einmal einander in die Augen sehen, im Hinblick
auf das WiedersehenNur die letzten zehn Tage brachte Bois-
seree im Bette zu. Es trat nun ein schlummerähnlicher Zustand
ein, sobald er davon erwachte, war er bei klarem Bewußtsehn
und immer liebevoll für mich besorgt. Bis zu dem letzten Tage
ließ er sich kurze Gebete aus Haubers Gebetbuch vorlesen, öfter
betete er stille für sich. Es waltete ein ganz besondcrer Friede in
diesem Krankenzimmer, der von dem Kranken ausging und über
alle kam, die in seiner Nähe waren. Den Tag vor seinem Todc
lag er in ruhigem Schlummer, als Or. Wolff, sein Arzt und zu-
gleich sein lieber und getreuer Freund, von ihm unbemerkt in's
Zinim-r. trat. Auf die Frage: „Wie geht es Jhnen?" schlug er
die Augen freudig auf und sagte: „Wie einem dankbar Sterbenden!"

Am Morgen des 2. Ällai tvaren seine Kräfte sehr vernündert,
doch glaubten wir sein Ende nicht so nahe. Um Mittag sagte er
inir die letzten freundlichen Worte, Perthes hatte neben mir am
Bette gestanden: kaum war er fortgegangen, als Boisseree tief
aufathmete, und währcnd ich seine beiden Hände ergriff und mit
 
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