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Borchardt, Ludwig; Deutsche Orient-Gesellschaft [Editor]
Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Abusir: 1902 - 1904 (Band 1): Das Grabdenkmal des Königs Ne-User-Re' — Leipzig, 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.36919#0015
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Abschnitt I: Vorgeschichte — Aufgabe.

hauptsächlich Funde aus dieser Epoche zu erwarten waren, nur ein theoretisches Interesse an
der Sache, die staatlichen wissenschaftlichen Körperschaften unseres Vaterlandes haben für
allgemeine Ausgrabungszwecke keine laufenden Mittel zu ihrer Verfügung, die Deutsche Orient-
Gesellschaft, die seit Jahren die orientalische Forschung auf das kräftigste unterstützt hat,
schien durch ihre umfangreichen Arbeiten in Mesopotamien so sehr in Anspruch genommen,
daß man von ihr ein Eintreten für ihr neue, ägyptische Aufgaben nicht wohl erwarten konnte
— da trat der stellvertretende Schatzmeister der Deutschen Orient-Gesellschaft, James Simon,
dem die Museen schon so viel verdankten und der auch seither unserer Wissenschaft ein
stets hilfsbereiter, eifriger Förderer geblieben ist, für die Durchführung der Grabung ein,
indem er dem Vorstande die Mittel dazu zur Verfügung stellte.
Somit war die Ausgrabung gesichert und konnte in den drei Wintern 1901 bis 190g
gründlich durchgeführt werden. Vorläufige Berichte über die Erfolge, die in vielen Beziehungen
die gehegten Erwartungen weit übertrafen, sind von mir bereits in den Mitteilungen der Deut-
schen OrientgesellschafU veröffentlicht worden.
Im vorliegenden Bande soll es meine Aufgabe sein, die Resultate der Grabung mög-
lichst eingehend zu besprechen, aber nur insoweit, als Bauten und Funde aus dem alten Reiche,
bezw. aus der Zeit der fünften Dynastie, der Periode, in der die von uns durchforschte Toten-
stadt entstand, in Frage kommen. Die zahlreichen für spätere Kulturepochen wichtigen
Ergebnisse haben andere zu besprechen übernommen. Die wertvollen Funde aus grie-
chischer Zeit, der Griechenfriedhof, sind bereits von Prof. WatzingeG ausführlich behandelt
worden, von der Handschrift der Perser des Timotheos liegen bereits Paraphrase und
Erläuterung des Geh. Rats Prof. v. Wilamowitz-MöllendorfD vor. Die ägyptischen Fund-
gegenstände aus den Zeiten nach der fünften Dynastie hat Prof. Schäfer zu bearbeiten
freundlichst zugesagt.
Aufgabe. Die Abusirpyramiclen bilden ungefähr die Mitte der langen Reihe von Toten-
feldern, die sich am Rande der libyschen Wüste vom Deltaanfang an bis hinunter nach Dah-
schur über eine Strecke von rund 35 km hin mit nur geringen Unterbrechungen ausdehnen.
Früher versuchte man, sich diese lange Folge von Pyramiden mit ihren Nekropolen sehr ein-
fach chronologisch zurecht zu legen, indem man die ältesten Anlagen im Norden voraussetzte,
den weiter nach Süden liegenden immer jüngere Daten zuschrieb und dabei annahm, daß diese
Pyramiden alle zu der Hauptstadt Unterägyptens, zu Memphis, gehörten. Wir sprechen da-
her heute noch oft allgemein von dem memphitischen Totenfeld und meinen damit die ganze
Reihe der Pyramidenfelder.
Als aber die Forschung nach und nach immer mehr Namen der den einzelnen Pyramiden
zugehörigen Könige ermittelte, stellte sich diese einfache Theorie bald als unhaltbar heraus.
Die Pyramiden lagen ohne jede chronologische Regel wild durcheinander. Diese Regellosigkeit
wurde uns erst durch die Ermansche Theorie von der Wanderung der Hauptstadt'* verständlich.

1) Über den Winter 1901/2 in No. 14 (Sept. 1902)
„ „ „ 1902/ß „ „ 18 (Sept. 1903)
„ „ „ 1903/4 24 (Sept. 1904).
2) C. Watzinger, Griechische Holzsarkophage aus der Zeit Alexanders des Großen. (Wissensch. Veroffentl. d. D.
O.-G. Heft 6.)
3) Der Timotheos-Papyrus, gefunden bei Abusir am 1. Febr. 1902. Mit einer Einführung von U. v. Wilamowitz-
Möllendorff. (Wissensch. Veroffentl. d. D. O.-G. Heft 3) u. U. v. Wilamowitz-Möllendorff, Timotheos, die Perser.
4) Er man, Ägypten u. ägyptisches Leben. S. 243.

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