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Borchardt, Ludwig; Deutsche Orient-Gesellschaft [Hrsg.]
Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Abusir: 1902 - 1904 (Band 1): Das Grabdenkmal des Königs Ne-User-Re' — Leipzig, 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.36919#0022
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IO

Grabdenkmal des Königs Ne-user-rc .

Palmenhaine sich zwischen den wenig erhöht liegenden Ortschaften ausdehnen, Hütet während
der Überschwemmungszeit ein großer See von der arabischen Wüstenkette bis zur libyschen.
In dieser fast ein Drittel jedes Jahres ausmachenden Hochwasserzeit findet jeder Verkehr im
Lande, soweit nicht etwa Dämme für die Verbindung der Ortschaften vorhanden sind oder
die trockenen Wüstenränder als Straßen dienen, auf Kähnen und Flößen statt. In dieser Zeit
bewerkstelligten dann die Alten ihre großen Transporte der Baumaterialien. Dann konnten
sie mit Leichtigkeit die großen Kalksteinblöcke aus den unserem Pyramidenfelde gegenüber
liegenden Brüchen von Ro'-'an, dem heutigen Turra, herüberbringen \ auch
den Granit von Assuan konnten sie dann mit weniger Gefahr vor dem Auflaufen auf den
zahlreichen Sandbänken den Nil herabflößen. Aber auch nach Fertigstellung des Baues mußte
ihnen jedes Jahr lange Zeit hindurch der Überschwemmungssee als wichtigste Zufahrtstraße zum
Totentempel dienen, sei es, daß der Tod und das Begräbnis des Königs in die Flutzeit hei,
sei es, daß die Priester und der Hof sich in dieser Zeit zu Totenfesten in das Heiligtum
begaben. Denken wir uns, wir führen mit einem solchen Zuge und verfolgen wir den Weg,
den er etwa genommen haben könnte.
Torbau im Tale. Wir landen vor einem fast 40 m breiten, glatten QuaF, der nicht
wie beim Re'heiligtum von Abu Gurab innerhalb einer Stadt, sondern anscheinend im freien
Felde lag. Da die Residenz des Königs, die wir bei Abu Gurab annehmen dürfen, so nahe
lag, war der Bau einer besonderen Pyramidenstadt hier überflüssig.
In der trockenen Zeit erhebt sich der Quai, vor dem wir anlegen, etwa mannshoch
über Terrain, sonst aber ragt er, je nach der Höhe des Wasserstandes, entsprechend weniger
aus der Flut hervor. Das Aussteigen erleichtert eine in der Mitte zum Quai hinaufführende sehr
allmählich ansteigende Rampe. Ein niedriges oben abgerundetes Kalksteingeländer umzieht
Quai wie Rampe. Auf dem Quai erhebt sich nun der Portalbau (s. Bl. 3). Seine sämtlichen
Seiten sind geböscht, die Kanten mit Rundstäben verziert, die Wandflächen oben wohl mit
Rundstab und Hohlkehle abgeschlossen. In der Mitte der Vorderfront öffnet sich die große
achtsäulige Eingangshalle. Hier schon tritt uns die Pracht, mit der das Ganze ausgestattet
ist, in ihrem vollen Glanze entgegen. Die dauerhaftesten und daher auch am schwersten
zu bearbeitenden Materialien sind verwendet, deren Herbeibringung allein schon eine große
pekuniäre Leistung war, — wenn man für jene geldlosen Zeiten pecunia im Sinne von Auf-
wand an Arbeitskräften, Nahrungsmitteln u. dergl. brauchen will. Der Boden der Halle ist
aus Basalt, nächst Obsidian vielleicht dem härtesten Material, daß die Ägypter bearbeitet
haben, die Wände sind aus rotbuntem Assuangranit und die Säulen nebst ihren Basen, Abacis
und Architraven gleichfalls aus Granit. Nur die Decke ist der größeren Leichtigkeit wegen
aus Turrakalkstein. Die in zwei Reihen zu je vier stehenden Säulen sind von Oberkante Basis
bis Oberkante Abakus aus je einem Stück, 6,30 m = 1 2 Ellen hoch und 1,03 m = 2 Ellen an ihrer
stärksten Stelle dick. Es sind Papyrusbündelsäulen mit geschlossenen Doldenkapitellen (Abb. 3),
je sechs der dreikantigen Papyrusstengel bilden eine Säule, die ältesten erhaltenen Beispiele
dieser Gattung, noch ohne die später an den Kapitellen eingefügten Zwischenstengel. Den
1) Herodot II. 124.
2) Zu den bei Besprechung des Quais von Abu Gurab (Re'heiligtum I. S. 9) angeführten Analogien aus der späteren
ägyptischen Baugeschichte kann ich jetzt noch den Quai von Medinet Habu hinzufügen. Er ist vollständig erhalten und hat
noch die Standspuren seines Geländers, sogar noch ß—4 Platten des Geländers selbst.
 
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