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auszusetzen. Hat doch das Nilthal auf diesem Gebiete Arbeiten aufzuweisen, welche,
so viel bis jetzt bekannt ist, denen der babylonischen Kunst sogar um Jahrhunderte
vorangehen. In allen Sammlungen sind Geräthe und Figürchen mit türkisblauer
und seegrüner Glasur vertreten. Man pflegt diese Arbeiten aägyptische Fayence« zu
nennen; die charakteristischen Kennzeichen jedoch der echten Fayence, Bemalung
auf der weissen Zinnglasur, besitzen he nicht. In der Bau-Keramik vollends haben
wir es nicht mit gemalten Verzierungen, sondern lediglich mit unmittelbar auf den
Scherben getragenen, in voller Masse gefärbten Glasuren zu thun. Das Material bildet
ein künltliches, stark kieselhaltiges Product, das, streng genommen, nicht einmal Thon
zu nennen, sondern vorzugsweise mit Rücklicht auf die Glasur präparirt ist; das Fluss-
mittel der Glasuren, deren Hauptbestandtheil gleichfalls die Kieselsäure darstellt, ist
ein Alkali, Soda oder Potasche, zu dem das färbende Metalloxyd hinzutritt. Eine
Beimischung von Bleioxyd scheinen die Glasuren nicht gehabt zu haben. Die ägypti-
schen Arbeiten zählen daher zu der Classe der kieselhaltigen Thonwaare
Die Verwendung farbiger Glasuren reicht, nach Gräberfunden zu schliessen, bis
in die Zeit des alten Reiches hinauf. Das bekannteste Beispiel indessen, die vom
General 1821 in zwei Kammern der Stufenpyramide bei Sakkara
(III. Dynastie) aufgefundene Wandverkleidung aus glahrten Fliesen — jetzt zum
Theile im Berliner Museum ergänzt und wieder aufgerichtet — gilt nach neueren
Untersuchungen als ein Werk der sai'tischen Periode, vermuthlich der XXVI. Dynastie,
wesshalb später darauf zurückzukommen sein wird.
Den feiten Boden einer hcheren Zeitstellung gewähren erst die seit
/F/SAFs Ausgrabungen zu einer wichtigen Fundhätte gewordenen Reste von Tell-el-
Amarna. Diese Ruinen gehören zu der von König /K, etwa Ende des
XV. Jahrhundertes v. Chr., gegründeten Rehdenz, die nicht lange nach dem Tode
ihres Stifters verfiel. Die reformatorischen, später von der Priesterschaft wieder
unterdrückten Bestrebungen dieses Herrschers bezweckten nichts Geringeres, als die
Umwandelung des bestehenden Religionssystems in eine Art von Monotheismus mit
dem alleinigen Cultus des Sonnengottes. Seine Bauten in Tell-el-Amarna, Eidlich
von Beni Hassan, in ihrer Art die bedeutendsten uns erhaltenen Reste ägyptischer
Profanbaukunst, zeigen in ihrer Ausschmückung einen Zug von Freiheit und Natur-
wahrheit, der uns die ägyptische Kunst von ganz anderen Seiten kennen lehrt,
als die starre Gebundenheit und hieratische Strenge des Tempelstils. Hier sei nur
auf die wohl erhaltenen, bemalten Stuckfussböden in der Frauenwohnung der Residenz
hingewiesen 3).
Ausserordentlich zahlreich sind die Reste von Formstticken aus glasirtem Thon;
sie lassen auf eine ausgedehnte Verwendung zur Wandbekleidung, vielleicht sogar
zum Belag der Fussböden schliessen. Das vorherrschende technische Verfahren ist
dasjenige des Mosaiks und der Incrustation, aber nicht eines Mosaiks aus einzelnen
kleinen, gleich gestalteten Stücken, sondern eines Mosaiks aus Formstticken von ver-
schiedener Grösse und Verwendung. So fanden lieh im Hauptgebäude der Residenz, 7
dem grossen Säulensaale, grün glasirte Wandfliesen mit weiss glahrten Gänseblümchen,
Distel- und Lotosblüthen ausgelegt. Diese Blüthen waren sämmtlich geformt, einzeln
glahrt und gebrannt, so dass jede Form und Farbe ein besonderes Stück bildeten.
 
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