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Borrmann, Richard
Handbuch der Architektur (Teil 1, Bd. 4): Die Keramik in der Baukunst — Stuttgart, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.33463#0108
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io5-


4- Abschnitt.
Die Bau-Keramik im Abendlande.
i. Kapitel.
Italien.
Die Herrschaft der Römer hatte der gesammten antiken Welt den Stempel
einer im Wesentlichen gleichen Cnltur und Kunst aufgeprägt. Ihr Untergang be-
deutet zunächst eine Periode gewaltigen Rückschrittes, in der das Alte verfiel, aber
gleichwohl bereits die Keime zu bedeutsamen Neubildungen heranreiften. Dem tiefer
flickenden Auge kann nicht verborgen bleiben, dass diese Keime allenthalben
schon innerhalb der Antike selbsl auftauchten; allein es bedurfte erst der Auflösung
des alten Bestandes, um die Entwickelung der Kunst frei und ungehindert von den
bisherigen VerhältnisTen in einer neuen Richtung vorwärts zu drängen. Die orienta-
lische Hälfte des Römerreiches fiel an den Islam und ging ihre eigenen Wege, die
sie früher als die andere Reichshälfte zu einer eigenthümlichen, hoch entwickelten
Kunstblüthe führen sollten. Im Abendlande dauerte der Gährungsprocess, aus dem
sleh das Neue bilden sollte, länger. Zum Abendlande ist, wenn auch politisch von
ihm getrennt, zunächst noch das byzantinische Kaiserthum mit der Hauptstadt Con-
stantinopel zu zählen; nächstdem kommen Italien und Frankreich, die Länder mit
alt-römischer Cultur, schliesslich Deutschland und England.
Die Umwandelung der antiken Formenwelt in die mittelalterliche nachzuweisen,
bleibt noch eine der wichtigsten Aufgaben kunstgeschichtlicher Forschung. Eines
der bedeutsamsten Momente hierbei wird immer das Entliehen des neueren Back-
steinbaues und seiner formalen Gestaltung abgeben. Unzweifelhaft bilden die späteren
Römerbauten Italiens, Galliens und der Rheingegenden das Quellengebiet; aber aller-
dings mangelt es zur Zeit noch an einer systematischen Zusammenstellung des Vor-
handenen, und die neueste Forschung hat — man vergleiche die gründlichen Studien
über die früh mittelalterliche Baukunst Italiens — vorerst die grösste Mühe,
mit einem Wirrsal falscher Ueberlieferungen und Anschauungen aufzuräumen, ehe sie
zu sicheren Ergebnissen vorschreitet.
Die Anfänge des mittelalterlichen Backsteinbaues, die Denkmäler wenigstens,
mit denen diese geschichtliclre Skizze einsetzen darf, liegen nicht in Rom oder
Byzanz, sondern in Ravenna und Mailand.
Als nach dem Tode des Kai sers (395)' der zum letzten Male das gesammte Römerreich
unter seinem Scepter vereinigt hatte, die Trennung in eine weltliche und öltliche Hälfte dauernd wurde,
verlegte die Residenz des abendländischen Reiches in das feAe Ravenna (402 vor Chr.). Seit
jener Zeit nahm diese Stadt im KunAleben Italiens eine führende Stellung ein. Die Bauten der Ca/Ar
.PAzsAA'g, der SchweAer des jyöwrMM, welche nach seinem Tode die Regentschaft für ihren unmündigen
 
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