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i66.
Wand-

iSo

Zweck hergestellt; allerdings stehen Arbeiten dieser Art erheblich hinter dem zurück,
was in jenen Ländern für den einheimischen Luxus und künstlerischen Bedarf ge-
schaffen wurde.
Versuche, das edle Material in grösserem Massstabe für bauliche Zwecke, zu
Wanddecorationen, heranzuziehen, sind in Europa nur in vereinzelten Beispielen zu
verzeichnen Wohl das früheste Beispiel findet sleh im Schlösse zu Capo di
Monte, wo 186$ eine ursprünglich im Schlösse zu Portici für König dl??*/ von
Neapel (1738 — 59) geschaffene Wanddecoration aus Porzellan wieder aufgestellt ist.
Die Wandplatten enthalten Rundfelder mit chinesischen Figuren, Reliefs und Muslk-
inslrumenten, Blumenguirlanden mit Thieren. Diese Arbeiten sind in Porzellan der
Fabrik von Capo di Monte ausgeführt von A72AW2I7 und MZz/rss.
Als dann (kW 1759 König von Spanien geworden war, gründete er bald
darauf im Schlösse von Buen Retiro eine neue Porzellan-Fabrik. Aus dieser Fabrik
slammen zwei sehr bemerkenswerthe, in Porzellan getäfelte Räume, der eine im
Schlösse von Aranjuez, inschriftlich 1763 von CMT/iTTT"? CAror?, einem Italiener und
erden Modelleur der Fabrik von Buen Retiro, ausgeführt, der vorher in Neapel
thätig gewesen war. Das zweite Porzellangemach findet sleh im Schlösse von Madrid.
Dieser letztgenannte Raum zeigt eine vollsländige Täfelung aus Porzellan in Ver-
bindung mit Spiegelglas. Die grossen Wandfelder enthalten Reliefs von Kinder-
gruppen, Consolen, Masken, Vasen, verbunden durch Blumenguirlanden und Draperien.
Auch die gewölbte Decke isl durchgehends mit Porzellanfliesen ausgelegt. Die
Ausführung entsprach vollsländig dem Sinne und Geschmack jener Zeit, die das
classtsche Weiss der Antike, so wie man sle damals versland, an die Stelle farbiger
Fayencen zu setzen liebte. Die Wirkung steht allerdings nicht recht im Verhältniss
zur Koslbarkeit des Materials und der Ueberwindung technischer Schwierigkeiten.
Immerhin verdienen derartige Arbeiten, die an den Schluss dieser Darstellung treten,
als technisch hervorragende Leislungen Beachtung und Anerkennung.
Schlusswort.
Die Rolle der Keramik in der Architektur war ausgespielt und blieb es bis
gegen die Mitte unteres Jahrhundertes. Die sehr bedeutende Entwickelung, welche
diese Kunsttechnik im modernen Bauwesen gewonnen hat, kommt für diese ledig-
lich historische Skizze nicht mehr in Betracht. Diese Entwickelung hängt in Deutsch-
land mit der Wiedererweckung des im Norden unteres Vaterlandes altheimischen
Backsteinbaues und des italienischen Terracottenstils zusammen, in Frankreich und
England mit den neueren kunslgewerblichen Bestrebungen, welche zur Wiederbelebung
der Fayencetechnik auf Grund orientalischer und italienischer Vorbilder geführt haben.
Die Aufgaben der Keramik sind in der modernen Baupraxis dieselben, wie
früher; doch ist die Technik, namentlich durch den Maschinenbetrieb mannigfach
erweitert. Die Terracotta hat ferner eine höchst folgenreiche Verbindung mit dem
Eisen-Fachwerkbau gewonnen; dadurch ist der Keramik in modernen Ausslellungs-
bauten und Eisenbahnhallen eine Rolle zugefallen, die an Bedeutung und Ausdehnung
nicht hinter den hervorragendsten Leistungen der Vergangenheit zurückbleibt.

240) LE BRETON G. Paris 1879.
 
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