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Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0426

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404 VASA SACRA. DRITTER ABSCHNITT. DIE MONSTRANZ

Auch den Ständer der Sonnenmonstranzen hat man in der Regel ausgiebig mit
Dekor versehen, zumal aber den Faß. Das Rokoko kann sich sogar in seiner
Ornamentierung kaum genug tun, so daß häufig vor lauter Schmuck die Form
des Ständers nur mehr ungenügend zur Geltung kommt. Das Zwischenglied
zwischen Ständer und Schaugefäß aber wird nicht selten durch RIattwerk, das
den Ansatz des letzteren verhüllt, ersetzt, der Schaft aber durch eine das Schau-
gefäß haltende Figur. (6)

Erst der Klassizismus setzt dem Übermaß des Dekors der Scheibenmonstran-
zen ein Ende. Rei den Sonnenmonstranzen umgibt den Behälter nun bisweilen
lediglich ein einfacher oder doppelter Strahlenkranz, wenn sich aber zu diesem
noch sonstiger Schmuck gesellt, hält derselbe sich nicht nur in bescheidenen
Grenzen, tritt er gegenüber den Strahlen nicht nur fast völlig zurück, er wird
auch ruhiger, regelmäßiger, freilich zugleich nüchterner, vornehm steif.

HL SCHMUCKMITTEL

Ausgeführt ist der ornamentale und figürliche Schmuck der gotischen Mon-
stranzen vorherrschend in Gravierung, Ziselierung und Guß. Insbesondere ist
das Rankenwerk und das Figurenwerk, mit dem etwa der Fuß des Ständers aus-
gestattet erscheint, meist graviert und ziseliert. Was sich aber an Relieffiguren
und Statuettchen an den gotischen Monstranzen findet, ist in Guß hergestellt. In
Treibarbeit ausgeführter Dektor kommt an diesen, abgesehen etwa von dem Fuß
der italienischen, spanischen und portugiesischen, im allgemeinen nur in recht
beschränktem Ausmaß vor. Nicht viel anders als bei den gotischen verhält es sich
bei den gotisierenden Monstranzen, bei den Monstranzen dagegen, in denen die
Renaissance wenigstens in der Formensprache zum vollen Durchbruch gekom-
men ist, ist die Sachlage nicht mehr die alte und hat getriebenes Ornament bereits
an Boden gewonnen. Den vollen Sieg trägt dieses dann bei den Rarockmon-
stranzen davon. Was sich bei ihnen an Schmuck findet, auch an figürlichem.
ist vornehmlich in Treibarbeit hergestellt; gerade darin liegt nicht zum wenig-
sten ihre künstlerische Wirkung und ihr künstlerischer Wert. Freilich ist die
Treibarbeit nicht bei allen gleich vortrefflich; bei manchen ist sie sogar ledig-
lich handwerksmäßig. Immerhin ist bei vielen der getriebene ornamentale und
figürliche Dekor wenigstens technisch geradezu eine meisterliche Leistung.
Was freilich selbst bei solchen erstklassigen Barockmonstranzen nur zu oft übel
wirkt, ist die nicht eben von feinem künstlerischen Empfinden zeugende Über-
ladung mit schmückenden Zutaten, wozu namentlich bei Rokokomonstranzen
gewöhnlich noch Undurchsichtigkeit und Unklarheit in der Anordnung und
Willkür in der Rildung als weitere Mängel kommen. Gravierung, Ziselierung
und Guß erscheinen bei den Rarockmonstranzen fast nur noch als Hilfstechniken.

Edelsteine und Perlen dienten bei den gotischen Monstranzen nur in sehr ge-
ringem Ausmaß zur Verzierung derselben, und zwar verhielt es sich so nicht
bloß bei den architektonisch sich aufhauenden türm- und retabelförmigen, son-
dern auch bei den pyxidenförmigen. Nur an wenigen der zahlreichen noch vor-
handenen gotischen Monstranzen begegnen uns Steine als Schmuck, immer aber

(6) Vgl. oben S. 383.
 
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