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Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0430

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408 VASA SACRA. DRITTER ABSCHNITT. DIE MOMSTRAWZ

bleiben mußte, bloße schmückende Zutat zur Verherrlichung des AHerheilig-
sten ohne künstlerischen Eigenwert zu sein. Was man auch immer an Figuren-
werk anbrachte, immer mußte es gegenüber dem Allerheüigsten, das in der
Monstranz ausgestellt wurde, als etwas durchaus Nebensächliches, Untergeord-
netes erscheinen. Eine Beschränkung des Bildwerkes als Schmuck der Mon-
stranz war damit von selbst und durch den Zweck der Monstranz geboten.

Am ärmsten an Bildwerk waren die pyxiden form igen .Monstranzen. Bei der geringen
Größe, die sie zumeist hatten, boten sie zu wenig geeigneten Platz für solches; zwar hätten
sich figürliche Darstellungen auf dem Fuß des Ständers anbringen lassen, doch bat man
in der Regel hier von solchen abgesehen. Ausgiebig mit figürlichen Darstellungen ge-
schmückt ist ausnahmsweise die vorhin erwähnte Monstranz der ehemaligen Sammlung
Basilewsky. Sie zeigt in Grisailleemail auf dem Fuß die vier Evangelisten und die vier latei-
nischen Kirchenlehrer, an der unteren Einfassung des Kristallzylinders acht Passionsszenen,
an der oberen acht Szenen aus dem Jugendleben und der Verherrlichung des Herrn, auf
dem Kuppeldach Engel mit Leidenswerkzeugen. Eine pyxiden form ige 128 cm hohe Re-
naissancemonstranz in der Kathedrale von Lodi aus dem Jahre i4ü5 ist an den Ecken des
sechsseitigen Behälters mit sechs Statuetten von Aposteln besetzt. Sechs weitere Apostel-
statuetten stehen oben um die über dem Behälter sich wölbende Kuppel herum, deren
Scheitel eine Statuette des Auferstandenen bekrönt. Oben auf dem Nodus des Ständers, der
die Form einer sechsseitigen Kapelle hat, befinden sich Putti mit Füllhörnern, an seinen
Seiten Relieffiguren von Propheten. Den Fuß schmücken Halbfiguren von Heiligen. Übri-
gens macht die Monstranz, obwohl mit Ständer versehen, mehr den Eindruck eines pyxiden-
förmigen Thronus für den kleineren in ihr stehenden pyxiden artigen Behälter, der zur
Aufnahme des heiligsten Sakramentes dient, als den einer Monstranz.

Mehr Figurenwerk als an den pyxidenförmigen Monstranzen findet sich an
den türm- und retabelförmigen, die ja auch in ihrem architektonischen Aufbau
mehr Platz für solches boten. Immer aber erscheint es als Nebensache, als
schmückende Zutat. In dem den Behälter für das Allerheiligste bekrönenden
Aufsalz besteht es zumeist aus einer Statuette des Auferstandenen, einer Sta-
tuette des Schmerzensmannes oder einer Statuette der Gottesmutter mit dem
Jesuskind auf dem Arm. Die retabelförmige Monstranz in Fürstlich Oettingen-
Wallersteinschem Besitz enthält im Aufsatz über dem Behälter eine Darstellung
des Gekreuzigten, unter den die Seitenteile bekrönenden Baldachinen Kreuze
mit den Schachern.

Die Darstellung der Gottesmutter, bei der nicht Maria, sondern das Jesuskind die Haupt-
sache war, sollte darauf hinweisen, daß im heiligsten Sakrament zugegen sei, der um unseres
Heiles Willen aus Maria Fleisch annahm, und Gott bleibend, ein Mensch gleich uns wurde.
Der Schmerzensmann sollte, wie der die Monstranz bekrönende Gekreuzigte, daran erinnern,
daß der unter den Gestalten des Brotes verborgene Gottmensch uns durch sein Leiden und
seinen Kreuzestod vom Sündenfluch erlöst und dem himmlischen Vater an unserer Statt
Genugtuung für unsere Sünden geleistet hat. Der Auferstandene aber wollte besagen, daß
der Gotlmensch im heiligsten Sakrament gegenwärtig sei als der Auferstandene, d. i. im Zu-
stand der Verklärung, daß seine Auferstehung das Vorbild unserer dereinstigen seligen
Auferstehung sei und daß das heiligste Sakrament uns von ihm gegeben wurde als Mittel
und Unterpfand dieser unserer Auferstehung.

Heilige und Engel, die man an der Monstranz anbringen wollte, erhielten bei
Turmmonstranzen ihren Platz an den den Behälter des Allerheüigsten flan-
kierenden oder ihn umstehenden Streben, bei retabelförmigen in den seitlichen
 
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