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Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0511

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FÜNFTES KAPITEL. AUSSTATTUNG. II. BILDWERK 489

In Guß sind hergestellt die mit Rankenwerk, Drachen und anderem Getier so-
wie auch wohl mit Figurenwerk reich ornamentierten Kreuzständer, die sich aus
dem 12. und frühen i3. Jahrhundert erhalten haben, wie zwei Ständer im Dom
zu Chur, sowie je ein Ständer im Dom zu Trier, im Schloßmuseum zu Berlin,
zu Haus Offer bei Münster, in der Klarakirche zu Basel, im Dom zu Mainz, im
Nationalmuseum zu München u. a. (14) Gegossen waren meist auch, wenn aus
Metall, und zwar schon in romanischer Zeit, die Figur des Gekreuzigten, sowie
in der Zeit der Gotik die Figuren der Schmerzensmutter und des heiligen Jo-
hannes Ev., die man bei reicheren Kreuzen nicht selten der des Erlösers zuge-
sellte, sowie sonstiges Figurenwerk, mit dem man solche Kreuze ausstattete, ins-
besondere auch die Evangelistensymbole, die man mit Vorliebe in der Zeit der
Gotik, auf den die Balken des Kreuzes an den Enden abschließenden Zier-
stücken, anbrachte.

Treibarbeit wird erst in nachmittelalterlicher Zeit ausgiebiger zur Verzierung
der Altarkreuze verwendet (Tafel 92, Köln, Schnütgenmuseum).

II. BILDWERK ALS SCHMÜCK DES ALTARKREUZES

Bezüglich der Ikonographie des Altarkreuzes ist wenig zu bemerken. Die
Figur des Gekreuzigten, die wie schon gesagt wurde, erst um die Wende des
ersten Jahrtausends am Kreuze häufiger aufzutreten beginnt, im späten Mittel-
alter aber jedenfalls bei Altarkreuzen kaum je mehr gefehlt haben wird, zeigt
bis ins i3. Jahrhundert Christus bald gestorben, das Haupt geneigt, bald trium-
phierend als Sieger über die Hölle, dann jedoch, und zwar für alle Folgezeit nur
mehr leidend, sterbend oder gestorben als den, der für die Sünden der Welt am
Kreuz zum Sühnopfer wurde. So in der Zeit der Frühgotik und der Spätgotik,
der Renaissance und des Barocks, das Spätbarock nicht ausgeschlossen. Etwaige
Unterschiede in der Darstellung sind lediglich stilistischer Art oder Ausfluß
subjektiver künstlerischer Auffassung; den Typus lassen sie unberührt.

Außer dem Bilde des Gekreuzigten wurde sonstiges Bildwerk am Altarkreuz
stets nur in sehr beschränktem Ausmaß angebracht, nicht bloß, weil das Kreuz
nur wenig Platz für solches bot, sondern auch wohl in dem richtigen Empfin-
den, daß durch eine zu große Fülle anderer Darstellungen die Hauptfigur, der
Gekreuzigte, in ihrer Wirkung Einbuße erleiden müsse. Am häufigsten be-
gegnet uns noch an ihm, wenn wir von den Evangelistensymbolen absehen, eine
Darstellung der Schmerzensmutter und des heiligen Johannes. Von dem Brauch,
Maria und Johannes in Form freistehender Statuettchen auf Armen, die oben
vom Ständer des Kreuzes oder unten vom Vertikalbalken desselben nach rechts
und links ausgingen, anzubringen, war schon die Rede. Anderswo hatten die-
selben, hier in Relief, da in Gravierung, dort wieder in Email ausgeführt, in
Gestalt von Ganz- oder Halbfiguren an oder nahe den Enden der Vorderseite des
Querbalkens ihren Platz.

Sehr häufig wurden die Evangelistensymbole, seltener die Evangelisien selbst,
an den Kreuzen dargestellt und zwar namentlich auch an den Altarkreuzen. So-
wohl die Kreuze, die sich aus mittelalterlicher Zeit erhalten haben, wie die In-

(14) Vgl. oben S. 480.
 
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