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Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0512

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490 VASA /VON SACRA. ZWEITER ABSCHNITT. DAS ALTARKREUZ

ventare des späteren Mittelalters bieten dafür reichlichst Belege. Angebracht
waren sie fast ausnahmslos an den Ecken der Querbalken und zwar zu-
meist an der Vorderseite derselben, an der Rückseite nur, wenn sie aus irgend
einem Grunde an der Vorderseite nicht wohl hatten angebracht werden können;
so wenn an der Vorderseite der Balkenenden sonstiges Bildwerk, wie die Schmer-
zensmutter und der heilige Johannes Ev., die Kirche und die Synagoge und ähn-
liches, oder Steine angebracht waren. In der Mitte der Rückseite des Kreuzes
war in diesem Falle gewöhnlich Christus, sei es thronend oder als Halbfigur,
oder aber das Lamm Gottes abgebildet. Auf dem Fuß der Kreuze finden sich
die Evangelistensymbole oder die Evangelisten nur selten dargestellt. Die Figu-
ren der Evangelisten weisen auf der Fuß des reich mit Grubenschmelz ver-
zierten Kreuzständers im Museum zu St-Omer, des aus dem Baseler Münster
stammenden Kreuzständers in der Klarakirche zu Basel, des Ständers aus
St. Michael zu Lüneburg, eines der beiden Kreuzständer im Dom zu Chur sowie
der Fuß eines 1888 zu Brüssel ausgestellten Kreuzes aus einer Privatsammlung
zu Tervüren, (15) alles Arbeiten des späten 12. Jahrhunderts. Bei den vier er-
sten in Bronze gegossenen, sind sie auf dem letztgenannten in Email ausgeführt.
Seit Ende des 16. Jahrhunderts verschwinden Bilder der Evangelisten oder ihrer
Symbole von den Kreuzen. Halbfiguren von vier Patriarchen begegnen uns
auf der Vorderseite der vierpaßförmigen Abschlußstücke eines Kreuzes zu Weil
der Stadt in Württemberg. Die Evangelistensymbole sehen wir hier auf der
Rückseite der Endstücke als Parallelen zu den Propheten an deren Vorderseite.
Wie jene den Erlösungstod des Herrn weissagten, so haben ihn die Evangelisten,
die durch die Symbole versinnbildet werden, der ganzen Welt in den Evangelien
verkündet, was überhaupt nicht zum wenigsten Grund und Anlaß war, gerade
sie so oft an dem Kreuze, zumal auch den Altarkreuzen abzubilden. Allerdings
geschah das auch wohl noch aus einer andern Erwägung heraus. Um den Ge-
kreuzigten herum am Kreuze angebracht, sollten sie ihn kennzeichnen als Gott
(Johannes), als Mensch (Matthäus), als Lehrer (Markus) und als Opferpriester
wie Opfergabe (Lukas).

Heilige scheinen nur selten auf den Altarkreuzen zur Darstellung gebracht
worden zu sein, und zwar fast nur auf dem Fuß derselben, nicht am Kreuze
selbst. An der Rückseite des Kreuzes entsprechend dem Kruzifixus an der
Vorderseite eine Figur der Gottesmutter anzubringen, wie es wohl bei spät-
gotischen Prozessionskreuzen geschah, dürfte bei Altarkreuzen kaum üblich ge-
wesen sein.

Eine eigenartige Darstellung findet sich auf dem Fuß des Kreuzständers zu
Haus Offer, des Lüneburgers und eines der beiden Ständer im Dom zu Chur,
Adam im Begriff dem Grabe zu entsteigen. Ihr Sinn erhellt aus der ihr bei-
gegebenen Inschrift: Ecceresurgit AdamcuidatDeus incruce vitam lautet diese
beim ersten und dritten Ständer, dem Wortlaut nach verschieden, aber inhalt-
lich gleich: Adae raorte novi redit Adae vitae priori, bei dem zweiten. Durch
den Tod des zweiten Adam, Christus, besagen Bild und Inschriften, ist dem er-
sten das Wiedererstehen zum Leben der Gnade und die einstige leibliche Wie-
(15) Katalog der Ausstellung 87.
 
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