Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0517

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ERSTES KAPITEL. ALTER IHRER VERWENDUNG 495

Bildliche Darstellungen des 13. Jahrhunderts, welche das gleiche dartun, finden sich
namentlich mehrfach auf Limoger EmäiIschreinchen aus dieser Zeit, wie z. B. auf einem
Schreinchen zu Eslohe, (23) dem Schreinchen der heiligen Valeria in der ehemaligen Samm-
lung Basilewsky, (24) einem Schreinchen in der Kathedrale zu Sens (25) u. a.'Im i!\. und
i5. Jahrhundert war der Brauch, wie es scheint, allgemein in Übung. Die Bildwerke aus
denselben bieten dafür reichlich Belege. (26)

Ausnahmen fehlten freilich noch im späten Mittelalter nicht. Noch im
io.Jahrhundert standen die Leuchter bisweilen vor oder hart neben dem Al-
tar (27) oder, teils vor, teils hinter ihm, wie beim Hochaltar mancher Stifts-
kirchen und Kathedralen, zumal in Frankreich. Auch an der Wand neben dem
Altar waren sie, wenigstens bei Nebenaltären, bisweilen angebracht, wie z. B.
laut der Angabe des Inventars von i36o: •>, candelabra ferrea, fixa in postibus
parietis, (28) bei dem Marien- und Johannesaltar in der Kathedrale zu York,
einem der vielen Nebenaltäre derselben.

Übrigens können solche und ähnliche Ausnahmen nicht auffallen. Die Leuchter hei der
Messe auf den Altar zu setzen, war noch nicht Vorschrift, sondern lediglich Brauch und
Gepflogenheit. Eine diesbezügliche ausdrückliche Vorschrift ist selbst im späten Mittel-
alter nie erlassen worden, nicht einmal eine bloß partikularrechtliche. Wohl begegnen uns
vereinzelte Synodalbestimmungen, die verbieten, sine lumine de cera zu zelebrieren, wie
die Konstitutionen des Kardinals Ägidius Albomoz von i353, (29) die Statuten der Frei-
singer Synoden von i44o und i£8o, (30) sowie der Salzburger Synode von i4go, (31) die
verordnen, wie viele Leuchter in den Kirchen vorhanden sein müßten, wie die Konstitutio-
nen des Bischofs von Worcester, Wilhelm von Blois, (32) und die Statuten der Synode von
Worcester von za^o, (33) oder angeben, wie viele Kerzen bei der Messe anzuzünden seien,
wie die Statuten der Synode von Exeter des Jahres 1287 (34) und die Konstitutionen der
Synode von Lucca des Jahres i35i; (35) eine Vorschrift, die Leuchter seien bei der Messe
auf den Altar zu stellen, findet sich in keiner der mittelalterlichen Synodalstatuten.

Die Zahl der Leuchter, die bei der Messe auf dem Altar standen, belief sich
noch im ausgehenden Mittelalter selbst beim Hochaltar und bei Aussetzung des
Allerheiligsten (36) gewöhnlich auf höchstens zwei, abgesehen allerdings von
Festtagen, an denen man je nachdem drei oder mehr derselben beim heiligen
Opfer auf ihn stellte. So sollten nach den Consuetudines der regulierten Chor-
nerren von St-Victor zu Paris bei der Hauptmesse an den Sonntagen und den
niederen Festen auf dem Altar zwei Kerzen brennen, an Doppelfesten drei, an
den höchsten Festen fünf — bei der Frühmesse aber auch an letztern nur
zwei—, an allen andern Tagen bloß eine. Wenn zwei anzuzünden waren, sollte
je eine auf den beiden hinteren Ecken des Altares stehen, wenn nur eine, sollte
sie in die Mitte desselben gestellt werden. (37) Ein Satz von sieben ungleich

(23) Abb. in Kd. von Westf., Kr. Meschede, Tfl. 7. (24) Darcel, Tfi. XXXI.

(25) Abb. bei Roh. I, Tfl. 21. (26) Man vgl. z. B. Percy Dearmkh, Fifty pietures of
gothic altars (London 1910) n. 1, 2, 3, 4, 16, 20, 21, 24, 25, 28, 29, 31, 37, 38, 39; I. van'den
('Heys, Le breviaire de Philippe le Bon (Brüssel 1909) Tfl. 43, 48; Leroquais, Tfl. 74, 95.
WjRoH.I.Tfl.SO, 22; IV, 264; V, 378; VI,459; Braus, Altar II, Tfl. 144,146, 269,331, 357 u.a.

(27) Tafel 116 sowie Miniaturen aus den Miracles de N.-Dame in der Pariser National-
bibliothek bei Brav», a. a. O., Tfl. 144. (28) Raine 293. (29) C. Quod missa (Mansi
XXVI, 279). (30) Habtzh.V, 274, 521. (31) Ebd. 682. (32) C. 2 (Mansi XXIII, 176).

(331 C.1 (H.VIL 331). (84) C.4 (H.VII, 1077). (85) C.69 (Mansi XXVI, 279).

(36) Vgl. z. B. die Abb. bei Percy Deakmer, bei Brav», bei I. van den Ghey.v, bei Lero-
QI'ais sowie bei Fr. Dörnhöffek, Seelengärtlein (Frankfurt 1909) 731.

(37) C. 22 (Mart. III, app. 264). Vgl. auch die Anweisung des Dominikanermissales des
numbert de Romanis bei Legg 73, die Angaben Jomvilles betreffs der Zahl der Kerzen, die je
 
Annotationen