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Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0516

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494 VASA NON SACRA. ZWEITER ABSCHNITT. DIE ALTARLEVCHTER

Zeit, aus denen wir das ersehen. Es sind eine Miniatur eines Evangeliar aus
Prüm, das unter Abt Ruotbert (io56—io63) entstand, (10) zwei Miniaturen
des Wyscherader Evangeliars in der Universitätsbibliothek zu Prag, (11) ein
Fresko in der Unterkirche von S. demente zu Rom, (12) sowie zwei Feder-
zeichnungen einer illustrierten Handschrift der Psychomachie des Prudentius
in der Bibliothek des Palais des Arts zu Lyon. (13)

Von besonderer Wichtigkeit ist das Fresko in der Unterkirche von S. demente. Be-
kundet es doch, daß man zu Rom schon im späten n. Jahrhundert begonnen hatte, die
Leuchter auf den Altar zu setzen, und daß das somit daselbst nicht erst zur Zeit Inno,-
zenz* III. in Übung kam, sondern bereits ein Jahrhundert früher geschah. Der Umstand
aber, daß die angeführten Bildwerke alle verschiedenen Ländern entstammen, weist darauf
hin, daß der Brauch bereits im späten 11. Jahrhundert sich einer gewissen Verbreitung
erfreute. Bildwerke aus dem 12. Jahrhundert, die uns von ihm Kunde bringen, sind bei-
spielsweise eine Miniatur deutscher Herkunft, die 191a zu Leipzig versteigert wurde, (14)
eine der Emailtafeln der Ambobekleidung des Nikolaus von Verdun zu Klosterneuburg (15)
sowie ein Emailbild auf einem Reliquienschreinchen zu Mozac (Puy-de-Döme), einer Stif-
tung des Abtes Petrus de Barri (f u^fi). (16)

In den Inventaren des 11. und 12. Jahrhunderts kommt der Wandel in der
Aufstellung der Leuchter bei der Messe nicht zum Ausdruck, da sie sich regel-
mäßig damit begnügen, die Zahl der vorhandenen Leuchter und deren Material
anzugeben, über die Art ihrer Verwendung aber schweigen. Nur das des Main-
zer Domes von 1 ioo macht eine Ausnahme, wenn es außer zwei großen silber-
nen Leuchtern, die neben dem Altare ihren Platz hatten, auch noch andere
kleinere erwähnt, die auf denselben gestellt wurden. (17)

Von den mittelalterlichen Liturgikern spricht zuerst Innozenz III. in seiner
gegen Ende des 12. Jahrhunderts verfaßten Schrift De sacro altaris mysterio
von Leuchtern, die sich bei der Messe auf dem Altare befanden, jedoch in einer
Weise, daß solche nicht als Neuerung, sondern als bereits längst bestehende,
allgemein bekannte Einrichtung erscheinen. (18) Ausdrücklich gibt er an, daß
die Leuchter auf deji Ecken des Altares standen. Daß es im Dominikaner-
ritus schon um 1260 Brauch war, die Leuchter bei der Messe auf den Altar zu
stellen, erhellt aus dem Meßordo des Dominikanergenerals Humbert de Ro-
manis. (19) Von der Ste-Chapelle zu Paris bezeugt das gleiche nur wenig später
der Biograph des heiligen Ludwig, Joinville, (20) von dem St. Jakobskloster
zu Lüttich ein Liber Ordinarius desselben von etwa 1280 in der Beschreibung
des Ritus der Privatmesse. (21) Gegen Ende des i3. Jahrhunderts bekundet
unter wörtlicher Wiedergabe der Ausführungen Innozenz' III. Durandus in sei-
nem Rationale das Bestehen des Brauches. (22)

(10) Vgl.Trierisches Archiv I (1898) 17; die Handschrift befindet sich zur Zeit im Besitz
des Lord Crawford. (11) Abb. bei Lehser, Ceska scola malirska, Tfl. 15 und 16.

(12) Abb. bei Braus, Altar, Tfl. 146.

(13) Abb. bei R. Stettiner, Die illustrierten Prudentiushandschriften (Berlin 1905) Ta-
fel 113 und Braun a. a. O. Tfl. 160. (14) Abb. in Auktion Börner, Katalog n.9.

(15) Abb. bei Braun, Meisterwerke I, Tfl. 89. (16) Abb. bei Rupin, L'ceuvre de Limoges
(Paris 1390) 103. (17) Chbistiasi, De calamitate eccl. Mogunt. n.2 (M.G.SS.XXV, 239):
Erant candelabra magna duo, quae iuxta altare ponebantur argentea et alia minorä, quöe
super altare ponebantur. (18) L. 2, c.21 (M. 217, 811). (19) Legg 73, 95.

(20) Jul. Corblet Histoire du aaer. de Peuch. II (Paris 1886) 147. (21) P.Volk, Der
Liber Ordinarius des Lütticher St. Jakobaklosters (Münster 1923) 100. (22) L. 1, c. 3, n.27.
 
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