Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg [Hrsg.]: Das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe: dargestellt zur Feier des 25jährigen Bestehens von Freunden und Schülern Justus Brinckmanns (Hamburg, 1902)

DIE OBERDEUTSCHEN FAYENCEN

WÄHREND der italienische Einfluss auf die deut-
sche Fayencekunst nur ein vorübergehender war,
machte sich im 17. Jahrhundert ein anderer ausländi-
scher Einfluss geltend, der weit nachhaltiger wirkte
und die hohe Blüte deutscher Fayenceindustrie zur
Folge hatte. Der ausserordentliche Erfolg der Delfter
Industrie musste auch in Deutschland zur Erzeugung
ähnlicher Produkte führen. An zwei Stellen setzt, un-
abhängig von einander, der holländische Einfluss ein.
Schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wur-
den in Norddeutschland Fayencen mit Blaumalerei her-
gestellt, welche holländische Einwirkung verraten und
aller Wahrscheinlichkeit nach Hamburg zum Entste-
hungsort haben.
Die eigentliche Einbruchsstelle dieses Einflusses aber,
von welcher aus die weitere Verbreitung desselben er-
folgte, war die untere Maingegend. Hier wurde bereits
im Jahre 1661 die Hanauer Fabrik durch zwei Unter-
nehmer niederländischer Herkunft gegründet. Leiter
und erste Arbeiter waren Holländer, die ältesten Er-
zeugnisse der Fabrik Nachahmungen Delfter Fayence.
Die Blaumalerei wiegt vor; erst im 18. Jahrhundert be-
vorzugte man die Malerei mit vier Scharffeuerfarben.
Die Sammlung besitzt für die letztere Art ein Beispiel:
ein Fläschchen, das die Bezeichnung „Hanau den
25. Febr. 1793“ trägt.
Die zweitälteste Fayencefabrik der unteren Main-
gegend ist die Frankfurter. An den Rat dieser Stadt
hatten sich dieselben Unternehmer, welche die Hanauer
Fabrik gründeten, wenige Tage vor ihrem an den Grafen
zu Hanau gerichteten Gesuch mit einem gleichen An-
suchen betreffs eines Privilegs gewendet, fanden aber