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Jerusalem gelegt 1; am 17. Januar 1516 wurde die Kirche durch den Cardinal Antonio
del Monte geweiht. 2 3 Aus der Zeit der Vollendung und Einweihung stammen die be-
rühmten Fresken des Vorhofs von Andrea del Sarto und Genossen (seit 1510); in die
etwas frühere Zeit der ersten Begeisterung für Grösse und Pracht der Kirche um die
Mitte des XV. Jahrhunderts versetzt uns eine Reihe von Kunstwerken, die bestimmt
waren, die nächste Umgebung des stets verdeckten verehrten Verkündigungsbildes zu
schmücken: zunächst im Vorhof Baldovinetti’s Fresko der Geburt Christi (1460) an der
Aussenseite der Mauer, deren Innenseite das verehrte Bild trägt, dann gleich links in
der Kirche vor dem Bilde selbst das grossentworfene feingearbeitete Marmortabernakel,
das Piero de’ Medici, der Sohn Cosimo’s und Vater Forenzo Magnifico’s, gestiftet hat
(1448—52), und einige Schritte davon in der zweiten Kapelle links das Fresko Andrea
del Castagno’s (f 1457), das erst kürzlich aus seinem Versteck neu zum Vorschein
gekommen ist (Taf. VIII).

Dieses Fresko ist überhaupt nur ein Jahrhundert hindurch sichtbar gewesen. Als
die betreffende Kapelle im Jahre 1553 aus der Familie des Stifters, dessen männliche
Nachkommen ausgestorben waren, der Familie Corboli, an die Familie Ciaiani da Mon-
tauto überging3, erschien ihr alter ursprünglicher Schmuck zu dürftig und unmodern.
Anstatt nun das Vorhandene auszusparen und nur ringsumher Neues hinzuzufügen,
wie es dem historisch geschulten Sinn unserer Zeit entsprechen würde, zog man vor,
das Fresko über dem Altar in den Modernisirungsplan mit hineinzuziehen und durch
ein dem damaligen Zeitgeschmack entsprechendes Altarbild zu ersetzen. Alessandro
Allori war dazu ausersehen, den neuen Schmuck zu liefern. Er überzog die Wände
und das Deckengewölbe mit Fresken und unternahm in dem grossen Altarbilde, die
Florentiner mit dem Jüngsten Gericht Michelangelo’s bekannt zu machen, was in einer
Zeit, in der es noch nicht so leicht erreichbar und allbekannt war wie heute, gewiss
seine Berechtigung hatte. Zum Glück wurde mit dem älteren Fresko schonend ver-
fahren, es wurde nicht vermauert und zerstört, sondern nur zugedeckt. Dies geschah,

1 Florentiner Staatsarchiv, Corp. Rel. Soppr. 119 (SS. Annunziata), Nr. 688 (Entrata e uscita del
camarlingo 1441—46). Danach ist die Angabe, der Patriarch von Aquileja Lodovico Scarampi, der
übrigens nur 1438—40 Erzbischof von Florenz gewesen war, habe den Grundstein am Tage der
h. Lucia 1444 gelegt, zu berichtigen. Ueber den Patriarchen von Jerusalem, einen Venezianer, be-
richtet Vespasiano da Bisticci in seinen «Vite di uomini illustri del secolo XV», herausgegeben 1859
von Adolfo Bartoli.

2 «II Santuario della Santissima Annunziata di Firenze» (von Padre Tonini verfasst, 1876),
Seite 46, 285.

3 Vgl. in Padre Tonini’s Buch Seite 109.

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