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Nicht Venedig aber war es, das seinem großen Heerführer
das Denkmal setzte, wie man früher immer annahm; das erste
Reiterdenkmal der Renaissance entstand als Ausdruck der dank-
baren Erinnerung der Hinterbliebenen. Sie, vor allen Gianantonio,
wandten sich mit diesem das Höchste fordernden Auftrage etwa
1445 an Donatello, den großen Florentiner, der seit 1443 bereits
in Padua weilte und in der Ausschmückung von San Antonio sich
wieder als der Erste seiner Zeit b .währt hatte.
Am Santo, in dem Gattamelata seine letzte Ruhestätte fand,
steht das Bronzebild, das 1453 aufgestellt und enthüllt wurde, auf
hohem Steinsockel, links zur Seite der Fassade, dem Innern der
Stadt zugewandt. Dorthin scheint ruh ganz in seine Pläne ver-
sunken, der alte Kriegsheld sein Leibroß, das voll Erregung den
Schweif hebt, zu neuen Waffentaten z. lenken. Mit dem Hufe
schiebt es eine Kugel beiseite, sicher vorwärtsstrebend unter der
beruhigenden Berührung des Kommandostabes.
Mag das Werk immerhin von der Antike, vor allem dem
Denkmal Marc Aurels, beeinflußt sein, es stellt darum nicht weniger
einen Höhepunkt der Kunst und d:e Vollendung Donatellos dar,
der das antike Erbteil vollkommen in seinem Sinne zu verarbeiten
und mit neuem Leben zu erfüllen wußte. Es ist auch nur wenig,
was daran überhaupt erinnert, wenn schon die Idee des Reiter-
denkmals als solche antik ist; beim Reiter etwa der Wegfall des
Helmes und beim Pferde die großzügige Vereinfachung der Formen.
Vergleicht man aber die beiden Reiter miteinander, so wird man
trotz Gattamelatas kleinerer Gestalt bei ihm die größere Wucht
der Persönlichkeit finden, die allein ein Gleichgewicht zwischen
den ungleichen Massen des Pferde- und Menschenleibes ermög-
licht. Der Gattamelata zeigt die Vollendung der psychologischen
Individualisierung, die Donatello in seinem Jugendwerke, dem
heiligen Georg anbahnte. Das Sinnen im Blick, die zielbewußte
Willenskraft in Mund und Kinn, die sichere, ruhige Haltung, alles
charakterisiert ihn als den geistvollen Schlachtenlenker, der des
gewaltigen Schwertes in der Scheide kaum selbst bedarf. Dagegen
erscheint auch Verrocchios Colleoni mit seiner energisch gestraff-
ten Haltung und dem starren Blick nur als ein Fortschritt der
äußeren Form. Und wie weise sind die Formen des Pferdes ein-
fach in großen ruhigen Flächen gehalten. So erst wurde der
Reiter auf dem prächtigen, mit Katzen und Putten verzierten Sattel
recht eigentlich zum Hauptstück und das Pferd zum Postament.
Wie Donatello in den etwa vierzig Jahren neben der Kunst
der Massenbewältigung und der psychologischen Vertiefung auch
die ganze sichtbare Welt erobert hat, zeigt ein Vergleich des
 
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