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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0105
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II. Grössere Ausbreitung und Streben nach freier Entwiokelongi von Ol. CO— 80. 101

beim Philoktet, die Seelenthätigkeit bis zum lebendigsten Mitgefühl anzuregen
Mi Stande war.

Ich leugne nicht, dass der Versuch auf wenige Zeugnisse hin den Charakter
des Pythagoras, sowie den Gang seiner Entwicklung nachzuweisen gewagt er-
scheinen mag. Aber gerade deshalb werde ich billiger Weise fordern dürfen,
dass er nicht in seiner Vereinzelung, sondern im Zusammenhange namentlich
mit dem nächsten Abschnitte über Myron betrachtet werde. Der Vergleich mit
diesem äusserlich ähnlichen, in seinem inneren Wesen aber verschiedenen Künstler
Wird das bisher Gesagte wenigstens in so weit ergänzen, als sich daran die Art
und Weise bestimmter offenbaren muss, in welcher ich überhaupt glaube die
Quelle der Künstlergeschichte nutzen zu dürfen.

Myron. 142

Myron, wie Phidias und Polyklet, Schüler des Ageladas, ist gewöhnlich
als der letzte unter diesen behandelt worden. Dass Plinius l) ihn in Ol. 90 setzt,
vermag diese Anordnung nicht zu rechtfertigen, indem damit vielmehr der End-
Punkt der Thätigkeit des Polyklet als die mittlere Lebenszeit des Myron be-
zeichnet ist. Sein Wettstreit mit Pvthagoras, dessen Ruhm schon lange vor
Ol. 80 b egründet war, erlaubt es vielmehr, Myron für den ältesten der Schüler
Qes Ageladas zu halten, und die Betrachtung seiner Stellung zur Entwickelung
der Kunst wird die Annahme nur noch mehr rechtfertigen. Nähere Angaben
über sein Zeitalter besitzen wir trotz vielfacher Erwähnungen nicht.

Als Vaterstadt des Myron wird von Plinius*) Eleutherae angegeben. Dass
Pausanias 3) ihn Athener nennt, steht damit nicht geradezu in Widerspruch, da
das ursprünglich boeotische Eleutherae sich aus Mass gegen Theben an Attika
angeschlossen hatte4). ■— Seine Werke waren weit zerstreut, von Kleinasien
bis nach Sicilien; doch ist deshalb nicht nothwendig, auf seine Anwesenheit an
allen Orten zu schliessen, da Werke geringeren Umfanges, wie z. B. die sämmt-
üchen aus Sicilien bekannten, erst nach ihrer Vollendung dorthin gebracht sein
Konnten. Von seinen äusseren Lebensumständen berichtet nur Petroniusb). er
sei bei seinem Tode so arm gewesen, dass Niemand seine Eibschaft habe an-
treten wollen.

Unter seinen Werken begegnen wir zuerst noch einmal:

1) einem Xoanon derHekate auf Aegina: Paus. II, 30, 2. Bei der Sorg-
falt des Pausanias gerade in solchen Ausdrücken müssen wir es für ein Holzbild
•n der Weise der älteren Kunst halten. Die Güttin war noch in einfacher Gestalt
gebildet, da erst Alkamenes die Dreigestalt einführte.

Von Götterbildern werden ferner erwähnt:

2) Apollo, welchen der Triumvir Antonius aus Ephesos entführt, Augustus
aber, durch einen Traum gemahnt, zurückerstattet hatte: Plön. 34, 58.

3) Ein zweiter Apollo, den Verres aus dem Asklepiostempel zu Agrigent
geraubt hatte. Der Name des Myron war auf dem Schenkel mit kleinen silbernen 143
Buchstaben eingelegt: Cic. in Verr. IV, 43, §. 93.

!) 34, 49. 2) 34, 57. 3j VI. 2. 2; 8, 5; 13, 2. 4) Paus. 1, 38. 8. -r') c. 88.
 
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